Coffee Fellows:Die Kaffeehäuser des Olympiasiegers

Coffee Fellows: Stefan Tewes in seiner ersten Filiale in München.

Stefan Tewes in seiner ersten Filiale in München.

(Foto: Natalie Neomi Isser)

Stefan Tewes gehört die Kaffeehauskette Coffee Fellows. Zuletzt ging es bergauf, aber vor vier Jahren machte Tewes einen "Riesenfehler".

Von Jan Schmidbauer

Am 30. August 1999 schloss Stefan Tewes die Tür zu seinem ersten eigenen Laden auf. Endlich kann es losgehen, dachte er, endlich selbständig. Doch schon eine halbe Stunde später hatte er das Gefühl, dass das alles ein Fehler war. Ein Coffeeshop mit Selbstbedienung und Rauchverbot? Damals war das ja auch eine kleine Revolution.

Tewes, 48, groß, dunkle Stimme, steht in dem Laden, in dem er damals anfing. Leopoldstraße 70 in München. Die erste Filiale von Coffee Fellows. "Genau hier saß so ein Kunde damals", sagt Tewes und haut mit der Faust auf einen schweren Holztisch. "Der wollte das alles partout nicht einsehen." Rauchverbot, Selbstbedienung? Immer mehr Kunden fingen an zu meckern. Sie waren irritiert von dem, was Stefan Tewes ihnen beibringen wollte. "Nach einer halben Stunde habe ich dann einen Mitarbeiter zum Großmarkt geschickt", sagt er. "Aschenbecher holen." Das Rauchverbot in der ersten Filiale von Coffee Fellows, es galt nur eine halbe Stunde. Bei Selbstbedienung blieb es.

Noch im Dezember will Tewes die 100. Filiale eröffnen

Heute ist das Rauchen im Café verboten, Selbstbedienung ist keine Ausnahme mehr. Und dass mit "to go" kein Staat in Westafrika gemeint ist, hat sich ebenfalls herumgesprochen. Trotz der Startschwierigkeiten: Was Stefan Tewes im Jahr 1999 anfing, sollte zu einem Erfolg werden. Gerade in diesem Jahr ist das Unternehmen schnell gewachsen. 30 neue Filialen kamen dazu, im Dezember will Tewes den 100. Laden eröffnen und wäre damit hinter Starbucks der zweitgrößte Betreiber reiner Coffeeshops. Also von Läden, die nicht in ein anderes Geschäft integriert sind, wie beispielsweise die McCafés von McDonald's.

In Fußgängerzonen, Bahnhöfen und Flughafenterminals verkauft Coffee Fellows Espresso und Cappuccino. Und natürlich: White Hazel Macchiato, Baked Apple Frappiato und Home Made Chai Tea Latte. Alles recht cremig. Mit Kaffee haben diese Getränke nicht mehr viel zu tun. Denn auch wer keinen Kaffee mag, soll ja etwas Passendes finden. "Gerade junge Frauen trinken lieber süße Getränke", sagt Tewes. Trotzdem mache er den meisten Umsatz mit den Klassikern.

Coffeeshops haben es in Deutschland nicht leicht

Das Coffeeshop-Geschäft funktioniert in Deutschland ohnehin anders als etwa in den USA oder Großbritannien. Der größte Betreiber ist zwar auch hierzulande der US-Konzern Starbucks mit derzeit 159 Filialen. Dieser ist aber längst nicht so dominant wie in amerikanischen oder asiatischen Großstädten, die Expansion läuft langsamer als geplant. Während in den USA die meisten Getränke zum Mitnehmen bestellt werden, setzen sich die deutschen Kunden gerne ins Café. Die Betreiber von Coffeeshops müssen ihre Läden größer bauen und besser ausstatten. Durch die vielen Bäckereien gibt es zudem jede Menge Konkurrenz. Stark ist in Deutschland auch Tchibo sowie McDonald's mit den McCafés. Beide verkaufen mehr Kaffee als Starbucks. Ein schwieriger Markt für die Coffeeshops.

Starbucks scheint seine Strategie nun zu ändern. Das Unternehmen kündigte eine Kooperation mit Rewe an. Die Amerikaner wollen Filialen in einigen innerstädtischen Supermärkten eröffnen.

Stefan Tewes findet diese Idee interessant. Aber er hat einen anderen Plan. Coffee Fellows kooperiert seit Kurzem mit der Firma Tank und Rast. Bis zum Jahresende sollen 28 neue Filialen an deutschen Autobahnraststätten eröffnen. Das Ziel für die kommenden Jahre ist klar: Wachstum. Dafür dürfte auch der Einstieg des Unternehmens BWK sorgen, das sich kürzlich 22 Prozent der Anteile an Coffee Fellows sicherte. Hinter BWK steckt ein Konsortium, zu dem unter anderem die Landesbank Baden-Württemberg und die Wüstenrot-Gruppe gehören. Das frische Geld soll für schnelleres Wachstum bei Coffee Fellows sorgen, der Abstand zu Starbucks könnte weiter schrumpfen. Auf die Frage, ob er Marktführer werden will, kommt von Tewes zwar kein eindeutiges Ja. Aber ein Nein hört sich anders an. Trotzdem ist Tewes kein Visionär, der einem solchen Ziel alles unterordnen würde. Kaffee, das ist für ihn zunächst mal ein gutes Geschäft. Er trifft pragmatische Entscheidungen.

Früher Olympiasieger, heute Kaffee-Unternehmer

Genau wie damals, als er seine Sport-Karriere beendete. Tewes hat früher, als er noch in seinem Heimatort Mülheim an der Ruhr gelebt hat, Feldhockey gespielt. Ziemlich gut sogar. Zusammen mit seinem Bruder war er im Team von Uhlenhorst Mülheim, spielte Bundesliga. 1992 folgte der "Höhepunkt fürs ganze Leben". Tewes holte mit seinem Team Olympia-Gold in Barcelona. Doch wenig später habe er gemerkt, dass es in Zukunft nicht mehr reichen wird für die Weltspitze. Mit 25 Jahren beendete er seine Hockey-Karriere. Heute spielt er nur noch zweimal im Jahr - zum Spaß. Dafür spielen seine vier Töchter im Verein. Er bringt sie zum Training und schaut bei den Spielen zu.

Mit dem Sport hatte Tewes zwar endgültig aufgehört. Beruflich ging es jedoch weiter aufwärts. Er hat Betriebswirtschaft studiert, promoviert und war bei der Unternehmensberatung Roland Berger untergekommen. Dort war er für den Einzelhandel zuständig. Die Idee, eine Kaffeehaus-Kette aufzumachen, kam erst ein paar Jahre später. Und er hatte sie auch nicht alleine, sagt er, sondern zusammen mit seiner Frau Kathrin. Für mehrere Monate lebten sie in London, weil Stefan Tewes dort für Roland Berger eine britische Supermarktkette beriet. Die beiden beobachteten, wie sich die Coffeeshops in London ausbreiteten.

Auch auf Reisen in die USA stellten sie fest, dass es dort etwas gibt, das in Deutschland bislang fehlte. Eine gemütliche Lounge für Leute, die Zeit haben, und guter Kaffee auf die Hand für gestresste Städter. So etwas müsse doch auch in Deutschland klappen, dachte sich das Ehepaar aus München.

Tewes nutze den Unternehmensberater-Job nur als Sprungbrett

Tewes fing schon als Student bei Roland Berger an. Die Stelle bei der Unternehmensberatung habe er nur "als Sprungbrett" gesehen, sagt er. "Ich wollte immer selbständig sein." Doch den Kredit für die erste Filiale gab ihm die Bank nur unter einer Bedingung: Tewes musste bei Roland Berger weiterarbeiten. Stressige Jahre waren das. Ohne die Hilfe seiner Frau hätte das nicht funktioniert, sagt er. Kathrin Tewes ist eigentlich Lehrerin. Sie war gerade fertig geworden mit dem Studium, bekam aber keine Stelle und arbeitete deshalb im Laden mit. Stefan Tewes zeigt auf die pinke Wand hinter der dampfenden Espressomaschine. "Die haben wir damals zusammen gestrichen. Da erinnere ich mich noch dran."

Der erste Laden lief gut. Tewes eröffnete deshalb eine zweite Filiale in Düsseldorf. Aber nach nur einem Jahr musste er den Laden schließen. "Das war ein totaler Flop", sagt er. Der Laden brachte nicht die erhofften Umsätze. Trotzdem versuchte er es noch einmal, mit einer zweiten Filiale in München.

Der Erfolg kam zurück. Er wollte sich nun ganz dem Kaffee-Geschäft widmen und den Job bei Roland Berger aufgeben. Nur: Für weitere Filialen war kein Geld mehr da. Die Lösung war ein Franchise-System. Dabei ist es bis heute geblieben. Einen Teil der Läden hat das Unternehmen zwar verpachtet. Doch der Großteil der Filialen, laut Tewes gut 70 Prozent, wird von selbständigen Unternehmern geführt. Tewes stellt die Einrichtung und die Markenrechte. Dafür bekommt er einen Teil des Umsatzes. Er hat also ein großes Interesse daran, dass die Standorte funktionieren. In den letzten Jahren habe er "gut konsolidiert", sagt er. Zehn unprofitable Läden hat er pro Jahr geschlossen und durch neue ersetzt.

Bei Kaffee soll es nicht bleiben

Das war alles nötig, weil er einen "Riesenfehler" gemacht hatte, wie er sagt. Vor vier Jahren kaufte Stefan Tewes 25 Geschäfte dazu, die vorher dem Unternehmen CSC gehörten. Coffee Fellows sollte weiter wachsen. Zum Verkauf standen vor allem Läden in ostdeutschen Einkaufszentren. "Zum Großteil Schrottgeschäfte", sagt Tewes heute. Er habe das völlig falsch bewertet. Seine Frau, die ebenfalls zur Geschäftsführung von Coffee Fellows gehört, hat diese Zeit sehr mitgenommen. Sie sagt: "Das war schon brenzlig und ging finanziell an die Grenzen." Kathrin Tewes erzählt, dass sie damals gegen den Kauf war. Sie sei eben eher der vorsichtige Typ. Trotzdem vertraue sie weiter den Entscheidungen ihres Mannes. "Er hat da schon ein gutes Gespür", sagt sie. Die meisten Entscheidungen seien ja immer richtig gewesen.

In der Tat ist es erstaunlich, wie schnell das Unternehmen, gerade in diesem Jahr, gewachsen ist. Und bei Kaffee soll es nicht bleiben, sagt Stefan Tewes. Er hat schon etwas Neues im Blick: Hotels. Erst gestern war er in Wien und hat sich einen der potenziellen Standorte angesehen. Das erste Coffee-Fellows-Hotel soll im übernächsten Jahr in Dortmund eröffnen. Günstige Preise, elegante Einrichtung und im Untergeschoss eine Bar mit gutem Kaffee. Für so etwas müsse es doch noch einen Markt geben. Davon ist Tewes überzeugt.

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