China: Wirtschaftswachstum:Zahlen wie aus einer anderen Welt

China bekommt Angst vor sich selbst: Um fast elf Prozent wuchs die Wirtschaft zuletzt. Jetzt versucht die Regierung eilig, das Wachstum zu bremsen.

Es sind Zahlen, von denen andere nur träumen können: In China ist die Wirtschaft 2009 erneut mit einem enormen Tempo gewachsen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat nach Angaben der Regierung im vierten Quartal um 10,7 Prozent zugelegt.

China, AFP

In China wächst die Wirtschaft mit zweistelligen Raten.

(Foto: Foto: AFP)

Für das Gesamtjahr 2009 ergibt sich ein Wachstum von 8,7 Prozent, womit das Regierungsziel von acht Prozent übertroffen wurde. 2008 hatte die Rate allerdings noch bei 9,6 Prozent gelegen. Vor der Wirtschaftskrise war China regelmäßig mit zweistelligen Raten gewachsen. Experten warnen allerdings, dass die chinesischen Daten mitunter auch geschönt sein können.

Inflation schnellt nach oben

Die Inflation zog jedoch ebenfalls an, was ein Indiz für eine mögliche Überhitzung der chinesischen Wirtschaft ist.

Im Dezember lag die Inflationsrate bei 1,9 Prozent, nach 0,6 Prozent im Vormonat. Chinas Regierung hat im Zuge der Wirtschaftskrise massive Konjunkturprogramme zur Stützung der Wirtschaft aufgelegt.

Womöglich hat sie zu viel gemacht, denn jetzt wächst die Sorge vor einer Überhitzung der Wirtschaft.

Nach einem kräftigen Anstieg des Geldverleihs zu Jahresbeginn wiesen die Behörden die großen Banken an, im Januar keine Kredite mehr zu vergeben, wie die staatlichen Medien meldeten.

Spitzenmanager der China Merchants Bank und der Agricultural Bank of China bestätigten, dass sie bis Ende des Monats die Vergabe neuer Kredite stoppen werden.

Der Deutschland-Chefvolkswirt von Unicredit, Andreas Rees, sieht denn auch das Reich der Mitte vor einer schwierigen Gratwanderung: "Man muss Dampf aus dem Kessel ablassen, darf aber die Konjunktur auch nicht abwürgen - diese Aufgabe ist alles andere als einfach."

Die Börsianer fassten das Bremsmanöver bei der Kreditvergabe als Indiz für eine Straffung der Geldpolitik auf, so dass einige Bankentitel an der Börse einbrachen. Auch der Euro geriet unter die Räder und markierte zeitweise bei 1,4166 Dollar den tiefsten Stand seit fünf Monaten. Die Sorge, dass die gedrosselte Kreditvergabe Chinas der Konjunktur und damit auch dem Rohstoffhunger des Landes einen Dämpfer verpassen könnte, drückte auch die Preise für Öl und Industriemetalle wie Kupfer.

Chinas Bankenaufsicht machte deutlich, dass sie bei der Kreditvergabe weiter Herr des Verfahrens bleiben will: "Wir werden dieses Jahr weiterhin das Tempo und den Umfang der Darlehensvergabe kontrollieren", sagte Behörden-Chef Liu Mingkang in Hongkong.

Vorige Woche hatte die Zentralbank bereits die Mindestreserve-Anforderungen für Banken erstmals seit Juni 2008 angehoben, um die gewaltige Liquidität zurückzufahren. Sie hat zudem als Ziel ausgegeben, 2010 Kredite im Wert von umgerechnet knapp 800 Milliarden Euro zu vergeben.

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