China: Milchpulver-Drama:Pleite einer Skandalfirma

Sechs Babys sind bereits gestorben, mehr als 300.000 erkrankt: Jetzt ist der chinesische Hersteller des verseuchten Milchpulvers pleite - und der ehemaligen Chefin droht die Todesstrafe.

Janis Vougioukas

Nach dem Skandal um verseuchte Babynahrung in China droht der ehemaligen Chefin des Milchpulver-Herstellers Sanlu offenbar die Todesstrafe. Chinesische Medien berichteten, der Prozess gegen die 66-jährige Tian Wenhua werde am kommenden Mittwoch am Mittleren Volksgericht der nordchinesischen Provinzhauptstadt Shijiazhuang beginnen.

China: Milchpulver-Drama: Der kleine Hu Shuang hat Milchpulver der chinesischen Skandalfirma Sanlu zu sich genommen - und ist an den Folgen erkrankt.

Der kleine Hu Shuang hat Milchpulver der chinesischen Skandalfirma Sanlu zu sich genommen - und ist an den Folgen erkrankt.

(Foto: Foto: dpa)

Mindestens sechs Säuglinge waren in den vergangenen Monaten gestorben, da ihre Babynahrung mit der Industriechemikalie Melamin versetzt worden war. Fast 300.000 Säuglinge waren erkrankt. Nach Angaben des Pekinger Gesundheitsministeriums waren Ende vergangenen Monats noch immer rund 1300 Kleinkinder in medizinischer Behandlung.

"Die Strafe dafür sind mindestens zehn Jahre Freiheitsentzug, lebenslängliche Haft oder sogar der Tod", sagte der Pekinger Anwalt Li Xiongbing der Nachrichtenagentur. Li vertritt bei dem Verfahren die Interessen der Eltern, die als Nebenkläger Schmerzensgeld und Entschädigungen von Sanlu fordern. Nach den Paragraphen 141 und 144 des chinesischen Strafgesetzbuches kann die Todesstrafe gegen Personen verhängt werden, die Lebensmittel wissentlich mit künstlichen Substanzen vergiften. Die Verfahren gegen andere Mitarbeitern, Zulieferer und Melamin-Händler haben am Freitag begonnen.

Regierung übernimmt Behandlungskosten

Sanlu war der erste chinesische Konzern, in dessen Milchpulver Melamin nachgewiesen wurde. Später weitete sich der Skandal auch auf 21 andere Hersteller aus. Betroffen waren auch die Branchenführer Mengniu und Yili. Viele chinesische Verbraucher stiegen komplett auf importierte Babynahrung und Milchprodukte um. In den vergangenen Wochen waren auf der ganzen Welt chinesische Lebensmittel mit Rückständen von Melamin aufgetaucht. Bauern und Milchhändler nutzen die Chemikalie, um einen höheren Proteinanteil der Milch vorzutäuschen. Dadurch fällt bei Kontrollen nicht direkt auf, wenn der Milch Wasser beigemischt wurde. Auch Tierfutterhersteller verwenden Melamin, sodass die Chemikalie in vielen chinesischen Lebensmitteln vorkommt.

Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Sanlu-Gruppe Konkurs angemeldet hat. Ein Konkursverwalter wird die Auflösung des Konzerns verwalten. Nach Angaben der Stadtregierung hat das Unternehmen inzwischen einen Schuldenberg von 1,76 Milliarden Yuan angehäuft, umgerechnet rund 182 Millionen Euro.

Hinzu kommt ein Kredit über 902 Millionen Yuan, den die Firma erst in der vergangenen Woche aufgenommen hat, um Krankenhausrechnungen und Entschädigungen der Opfer zu bezahlen. In den meisten Fällen hatte die chinesische Regierung die Behandlungskosten übernommen. Wer am Ende die Behandlungskosten und Entschädigungen der Opfer bezahlt, ist aber unklar. Der Melamin-Skandal könnte die chinesischen Gerichte noch über Jahre beschäftigen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: