China:Alles groß, alles golden

China: Staatlich verordnetes Reisefieber: 14 Millionen Menschen verreisen wie hier am Bahnhof Hongqiao in Shanghai mit der Bahn.

Staatlich verordnetes Reisefieber: 14 Millionen Menschen verreisen wie hier am Bahnhof Hongqiao in Shanghai mit der Bahn.

(Foto: Johannes Eisele/AFP)

Knapp 600 Millionen Menschen reisen diese Woche durch China - so will es die Regierung. Grund der einwöchigen Ferien ist jedoch nicht die Erholung, sondern etwas ganz anderes.

Von Christoph Giesen

Wenn es um China geht, dann sind die Zahlen und Statistiken meistens groß und gewaltig. Immerzu irgendwelche Superlative, das kann ermüden. Was sich dieser Tage in der Volksrepublik abspielt, sprengt jedoch auch alle chinesischen Dimensionen. Pünktlich zum Nationalfeiertag am 1. Oktober macht sich das Land auf die Reise. Eine Woche Ferien für alle.

Nach amtlichen Schätzungen sind derzeit knapp 600 Millionen Menschen auf Achse, fast die Hälfte der Bevölkerung. Alleine am ersten Tag reisten 14 Millionen Menschen wie hier im Bild am Bahnhof Hongqiao in Shanghai mit der Bahn. 500 Sonderzüge stellte die Staatsbahn zur Verfügung.

Städte wie Peking oder Shanghai tauschen in diesen Tagen die Bevölkerung nahezu aus. Die einen aus den Großstädten zieht es dann aufs Land oder in ferne Gegenden. Vor allem nach Südkorea, Thailand oder Japan. Die anderen strömen dann nach Peking, in die Hauptstadt oder nach Shanghai, um sich die Wolkenkratzer anzusehen.

Auch auf der Chinesischen Mauer stauen sich die Touristen. Auf dem Hua Shan, einem der bekanntesten Berge des Landes, mussten jetzt etwa 500 Reisende die Nacht verbringen, weil während eines Unwetters eine Seilbahn nicht fahren konnte.

In der Verbotenen Stadt im Herzen Pekings wurden am Dienstag in nur zwei Stunden 20 000 Eintrittskarten verkauft, vermeldete die Volkszeitung. Auf dem angrenzenden Platz des Himmlischen Friedens drängten sich zur selben Zeit die Touristen, die meisten von ihnen hatten ihre Regenschirme aufgespannt, denn es schüttete.

"Goldene Woche" nennen die Chinesen diesen Reiseirrsinn. Eingeführt wurde er 1999, damals machten sich rund 28 Millionen Menschen auf den Weg. Der Grund für die Nationalferien ist nicht etwa die Erholung der Bevölkerung, sondern der Wunsch der chinesischen Führung, an das Ersparte zu kommen. Die Chinesen sollen konsumieren, Geld ausgeben für Eintrittskarten, Zugtickets, Hotelübernachtungen und Restaurantbesuche. Umgerechnet 65 Milliarden Euro bringt die diesjährige Woche wohl ein. Aus Sicht der chinesischen Regierung ist das ein durchschlagender Erfolg. Bereits 2006 beschloss man deshalb, eine zweite "Goldene Woche" einzuführen: Zum Tag der Arbeit am 1. Mai verreist seitdem das ganze Land dann ein zweites Mal.

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