Chemische Industrie:Der größte der Welt

Dow und DuPont fusionieren zum weltweit größten Unternehmen der Branche. Sein Börsenwert wird doppelt so hoch sein wie der der bisherigen Nummer eins, BASF. Die Aktionäre drücken bei dem Deal aufs Tempo, sie hoffen auf steigende Kurse.

Von Helga Einecke, Frankfurt

Die amerikanischen Unternehmen Dow Chemical und DuPont machen Ernst, sie schließen sich zum größten Chemiekonzern der Welt zusammen. Der soll den Namen DowDuPont tragen und auf einen Börsenwert von 130 Milliarden Dollar kommen. Zum Vergleich: Die bisherige Nummer eins, BASF, wird an der Börse mit 65 Milliarden Euro bewertet.

Die gemeinsame Größe aber ist nicht das Ziel dieser Fusion unter Gleichen. Geplant wird eine anschließende Aufspaltung in drei verschiedene börsennotierte Unternehmen, die sich auf die Bereiche Agrarchemie, Kunststoffe und Spezialchemikalien konzentrieren.

Es sind nicht die Manager allein, die ihre Unternehmen in neue Einheiten führen

Der ganze Prozess soll bis zu zwei Jahre dauern. Zunächst werden die Aktionäre von Dow und DuPont an dem neuen Konzern je rund 50 Prozent halten. An der Spitze soll DuPont-Chef Ed Breen stehen, während der langjährige Dow-Chef Andrew Liveris den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden bekommen soll. "Diese Transaktion ist bahnbrechend für unsere Branche", behauptet Liveris.

Die beiden Chemieunternehmen produzieren auch in Deutschland. Dow beschäftigt in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen etwa 5000 Mitarbeiter, für DuPont arbeiten 1150 Menschen in Hamm, Niebüll und Buxtehude.

Was Liveris als "bahnbrechend" charakterisiert, hat in Europa schon vor Jahren stattgefunden. Die Chemie spaltete sich in viele Spezialisten auf, um am Weltmarkt bestehen zu können. Früher gab es die drei großen deutschen Chemiefirmen Hoechst, Bayer und BASF. Aus Hoechst wurden Sanofi, Celanese, Clariant und andere mehr. Bayer spaltete die Chemieaktivitäten in Lanxess und Covestro ab, auch BASF trennte sich konsequent von Pharma oder Kali und Salz. Bei der Spezialisierung geht es darum, den größtmöglichen Marktanteil auf einem Gebiet zu erringen. Fallende Preise bei den Rohstoffen und Produkten beschleunigen diesen Prozess ebenso wie das billige Geld, das zu immer mehr Transaktionen führt.

Es sind auch nicht die Manager allein, die weitsichtig ihre Unternehmen in neue Einheiten führen. Vielmehr drücken Großaktionäre auf das Tempo, die sich von Aufspaltungen steigende Aktienkurse versprechen. Liveris soll bereits seit einem Jahrzehnt versuchen, DuPont zu übernehmen. Breens Vorgängerin Ellen Kullman wehrte sich lange Zeit mit Erfolg, obwohl Großaktionär Trian, hinter dem der Aktivist Nelson Peltz steckt, ihr ordentlich Druck machte. Im Oktober musste sie ihren Posten räumen.

Breen sitzt seit Anfang diesen Jahres im DuPont-Verwaltungsrat und scheint seine Hände im Spiel gehabt zu haben. Er gilt als Schlüsselfigur bei diesem Deal. 2002 hatte er bei dem Mischkonzern Tyco entschlossen aufgeräumt, das Topmanagement und Tausende von Mitarbeiter entlassen sowie das Unternehmen zweimal hintereinander zerlegt.

Diese Geschichte dürfte die Mitarbeiter von DowDuPont beunruhigen, nach sicheren Arbeitsplätzen klingt es jedenfalls nicht. Bayer und BASF können sich auch nicht zurücklehnen. Bei der Agrarchemie treten Konkurrenten und Käufer auf den Plan. Monsanto scheiterte bisher mit seinem Vorhaben, Syngenta zu übernehmen, ein Unternehmen mit Sitz in Basel, das vor 15 Jahren aus den Agrarsparten von Novartis und Astra-Zeneca entstand, also auch schon eine Ausgliederung oder Fokussierung. Auch im Pharmabereich, wo Pfizer und Allergan gerade zum weltweit größten Unternehmen aufsteigen, wird getauscht und aufgespalten wie selten zuvor. Die Schweizer Novartis tauscht mit britischen Konkurrenten Geschäftsteile, Konkurrent Roche hält sich noch zurück.

Und dann gibt es noch das Gerücht, dass Astra-Zeneca den kleineren Rivalen Acerta Pharma aus den Niederlanden übernehmen will, für mehr als fünf Milliarden Dollar. Acerta ist auf die Entwicklung von Krebsmedikamenten spezialisiert. Es tut sich was in der Branche.

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