Champagner:Sekt made in England

Champagner: Pierre-Emmanuel Taittinger (links) baut bald Wein in England an.

Pierre-Emmanuel Taittinger (links) baut bald Wein in England an.

(Foto: Thomas Alexander/AFP)
  • Das renommierte Champagner-Haus Taittinger pflanzt bald ausgerechnet in Großbritannien Weinreben an.
  • In sechs Jahren soll der Sekt in den Verkauf gehen, und zwar unter dem Namen Domaine Évremond.

Von Björn Finke, London

Zwischen der Obstplantage und dem Firmensitz von Taittinger in Reims, im Herzen der Champagne, liegen 350 Kilometer. Und der Ärmelkanal. Der Champagner-Hersteller aus Frankreich hat nun einem Bauernhof in England 69 Hektar Land abgekauft, um dort Trauben für Sekt anzupflanzen. Das entspricht der Größe von fast 100 Fußballfeldern. Champagner wird sich der prickelnde Wein nicht nennen dürfen; dafür müsste er in der französischen Region produziert werden. Trotzdem ist das Investment aus Reims eine Art Ritterschlag für Sekt made in England: Sogar in der Champagne wird er nun ernst genommen.

Tatsächlich bepflanzen Winzer immer mehr der lieblichen Hügel Englands. Der Branchenverband schätzt, dass es inzwischen mehr als 2000 Hektar sind, doppelt so viele wie noch vor sieben Jahren. Zweidrittel der Lese wird zu Sekt verarbeitet. Im Vergleich mit Weinbau-Nationen wirken 2000 Hektar allerdings winzig; allein in Franken wächst das Dreifache. Und selbst in Großbritannien gelten englischer Wein und Sekt als eher exotische Getränke. Viele Supermärkte führen die Flaschen gar nicht, der Marktanteil bewegt sich im Promillebereich.

Noch nie zuvor baute ein Champagner-Haus in England Wein an

Doch dafür genießt englischer Sekt bei den wenigen Menschen, die ihn probiert haben, einen guten Ruf. Die Winzer Ihrer Majestät räumten in den vergangenen Jahren einige Preise ab - das hat offenbar auch Taittinger beeindruckt.

Es ist das erste Mal, dass ein französisches Champagner-Haus in England Wein anpflanzt. Um das Geschäft zu verkünden, reiste Firmenchef Pierre-Emmanuel Taittinger auf die Obstplantage in der Grafschaft Kent, südöstlich von London. "Wir glauben, dass wir mit unseren 80 Jahren Erfahrung einen sehr guten englischen Sekt herstellen können", sagte er.

In zwei Jahren werden die ersten Reben auf dem Land der Stone Stile Farm angepflanzt, in sechs Jahren soll der Sekt in den Verkauf gehen - unter dem Namen Domaine Évremond. Charles de Saint-Évremond war ein französischer Adeliger, der im 17. Jahrhundert an den britischen Hof flüchtete und dort Champagner populär machte. Etwa 300 000 Flaschen im Jahr sollen abgefüllt werden.

Englisches Land ist für Weinanbau spottbillig

Die englische Kanalküste ist für Sekt gut geeignet. Der kalkhaltige Boden ähnelt dem der Champagne, und der Golfstrom garantiert ein mildes Klima. Bereits die Römer pflanzten Wein auf der Insel an, um sich das Leben in der abgeschiedenen regnerischen Provinz ihres Reiches schön zu trinken. Für Taittinger hat England noch einen ganz besonderen Charme: Im Vergleich zur Champagne ist Land für Weinanbau dort spottbillig; in der Heimat hätte das Unternehmen pro Hektar mehr als das Zwanzigfache zahlen müssen. Mindestens.

Die Franzosen arbeiten bei dem Projekt mit ungenannten anderen Geldgebern zusammen, halten aber die Mehrheit an dem Investment. Über die kommenden zehn Jahre sollen mehrere Millionen Euro in das Weingut fließen. Ein teurer Ritterschlag.

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