Center Parcs Europe:Die Tropen kommen ins Allgäu

Center Parcs Europe: Center Parcs hat ein ungewöhnliches Konzept. Das Unternehmen bringt nicht Familien in die Tropen, sondern die Tropen zu den Familien.

Center Parcs hat ein ungewöhnliches Konzept. Das Unternehmen bringt nicht Familien in die Tropen, sondern die Tropen zu den Familien.

(Foto: AFP)
  • Das niederländische Unternehmen baut ein neues, komplettes Dorf mit 1000 Ferienhäusern.
  • Von 2018 an sollen hier bis zu 5000 Menschen gleichzeitig wohnen können. Pro Jahr sind 380 000 Besucher geplant.

Von Stefan Mayr

Auf der nach oben offenen Tschingderassabumm-Skala für Spatenstich-Inszenierungen darf der erste Aufschlag der Ferienpark-Kette Center Parcs Europe im Allgäu zweifellos im unüberhörbaren Bereich angesiedelt werden. Drei Alphornbläser machten dicke Backen. Zwei Frauen im Dirndl schüttelten kleine und große Kuhglocken zu den Klängen einer Ziehharmonika. Die Blaskapelle in Lederhosen war auch dabei, und drei Prachtexemplare von Braunvieh unterbrachen die Festrede von "Mr. Euro" Theo Waigel mit ihrem beherzten und zeitlich bestens gesetzten Muhen. "Das wird hier das größte Tourismus-Projekt in Deutschland", tönte Center-Parcs-Chef Mark Haak Wegmann auf der Bühne des Bierzelts, das extra in eine Waldlichtung gestellt worden war.

Das niederländische Unternehmen stampft in Leutkirch, einem Städtchen an der Landesgrenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern, ein neues, komplettes Dorf mit 1000 Ferienhäusern aus dem Boden inklusive Einkaufszentrum, Wellnessbereich, Restaurants und Tropen-Wellenbad. Von 2018 an sollen hier bis zu 5000 Menschen gleichzeitig wohnen können. Pro Jahr sind 380 000 Besucher geplant. Das Spaten-Ballyhoo war also einigermaßen angemessen, denn das Riesenprojekt im Voralpenland ist für Wegmann auch der Start einer groß angelegten Expansionsoffensive: "Unser Ziel ist es, ab 2018 jedes Jahr einen neuen Park zu eröffnen", sagt der 48-jährige Niederländer im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Er plant weitere Parks in Deutschland, Österreich, Italien, Polen, Skandinavien und erstmals auch außerhalb Europas - in China und Nordamerika.

"Ohne Stress und Flugkosten landet man bei uns in einer ganz anderen Welt"

Bei seinen Ausbauplänen profitiert Wegmann gleich von zwei Entwicklungen, die ihm das Geld quasi von alleine in die Kasse spülen: die Angst vor Terroranschlägen und die Niedrigzins-Phase. "Ferienparks liegen voll im Trend", sagt Jürgen Schmude, Professor für Wirtschaftsgeografie und Tourismusforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Wegen der "Sicherheitsproblematik" hätten deutsche Urlauber "zurzeit echt ein Problem mit dem Fliegen". Viele deutsche Touristen verzichten auf das Flugzeug und buchen stattdessen ein Urlaubsziel, das sie mit Auto oder Bahn erreichen können. Deutschland werde damit als Reiseziel noch wichtiger, als es ohnehin schon ist, sagt Schmude. "Viele meiden Ziele wie Türkei, Ägypten oder Tunesien, und reisen lieber nach Spanien, Italien, Portugal, oder bleiben eben gleich im Land." Wegmann formuliert es so: "Wenn was passiert in der Welt, merken wir das."

In unsicheren Zeiten hat der Urlaub vor der Haustür Konjunktur, und dazu passt das Angebot der Center Parcs mit ihrem ungewöhnlichen Konzept. Sie bringen nicht die Familien in die Tropen, sondern die Tropen zu den Familien; zentrales Element jedes Parks ist ein Hallenbad mit Luft- und Wassertemperaturen um die 30 Grad Celsius, dazu kommen eine Wellenanlage und ein Schnorchelbecken mit exotischen Fischen in Aquarien. "Bei uns gibt es kein schlechtes Wetter", wirbt Wegmann, "bei uns ist immer Hauptsaison."

Im Park Allgäu wird das von 2018 an auf die Spitze getrieben: Morgens kann der Gast in die Berge zum Skifahren und abends am tropischen Indoor-Sandstrand im Liegestuhl liegen. Für die einen mag das zu viel des Guten sein, andere können offenbar nicht genug davon bekommen.

Der Park auf dem Areal eines ehemaligen Bundeswehr-Munitionsdepots ist 184 Hektar groß, das entspricht 258 Fußballfeldern. In den 5000 Betten plant Wegmann eine Million Übernachtungen pro Jahr, 650 Arbeitsplätze will er schaffen. Zwar ist der Strand nur eine Kopie der Natur, dafür liegt er unschlagbar nahe. "Unsere Kraft liegt im Nah-Urlaub", wirbt Wegmann. "Ohne Stress und Flugkosten landet man bei uns in einer ganz anderen Welt."

"Wir suchen in Bayern und Baden-Württemberg bereits weitere Standorte"

Investoren haben das Potenzial erkannt. "Wir haben ein relativ großes Zeitfenster, um Geldgeber zu finden", sagt Wegmann. Das ist die bescheidene Umschreibung dafür, dass ihm Investoren angesichts drohender Strafzinsen derzeit die Bude einrennen. So war es jedenfalls bei dem Projekt im Allgäu: Eigentlich wollte Wegmann mit 750 Häusern starten und später bei Bedarf erweitern. Doch das war den zwei Investoren Eurosic und La Française zu wenig. Sie pumpen 355 Millionen Euro in den Park, er wird Wegmanns erster mit 1000 Häusern sein.

Der Park Allgäu wird der sechste Center Parc in Deutschland sein. Und der erste in Süddeutschland - aber nicht der letzte. "Wir suchen in Bayern und Baden-Württemberg bereits weitere Standorte", verrät Wegmann. Er wählt bewusst den Plural. Europaweit betreibt Center Parcs derzeit 21 Parks, neun in den Niederlanden, fünf in Frankreich und zwei in Belgien. Nummer 22 steht kurz vor der Fertigstellung: 2017 soll in der Nähe des Euro-Disney-Freizeitparks Paris ein "Naturdorf" mit 850 Häusern eröffnen. Betreiber des Dorfes ist ein Joint-Venture-Unternehmen von Euro Disney und der französischen Aktiengesellschaft Pierre & Vacances, die Center Parcs Europe im Jahr 2003 aufgekauft hat.

Der erste Center Parc außerhalb Europas soll 2020 in der Nähe von Shanghai eröffnen. Um den Milliardenmarkt in China zu erschließen, gründete die Gruppe Pierre & Vacances / Center Parcs (PVCP) im Sommer ein weiteres Joint-Venture mit der HNA Tourism Group. Im Geschäftsjahr 2014/2015 machte PVCP 1,4 Milliarden Euro Umsatz, davon stammten 586 Millionen von Center Parcs Europe - Tendenz steigend. Der Betriebsgewinn wurde auf 21,2 Millionen beziffert.

Die HNA-Gruppe ist weltweit im Tourismus aktiv mit Beteiligungen an zahlreichen Fluggesellschaften und an der spanischen NH-Hotelkette. Das Joint-Venture will in fünf Jahren drei neue Parks errichten. Zudem soll HNA chinesische Touristen in die europäischen Center Parcs locken. Schloss Neuschwanstein etwa ist nur eineinhalb Bus-Stunden vom Park Allgäu entfernt. Und das kennt man auch in China ganz ohne Tschingderassabumm.

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