"Camel"-Hersteller Reynolds:Tabakkonzern gegen Raucher

Handout photo of stars of AMC drama series 'Mad Men'

Können sich Typen wie Don Draper einfach in Raucherecken stellen?

(Foto: REUTERS)
  • Mit dem "Camel"-Hersteller Reynolds verbietet der zweitgrößte amerikanische Tabakkonzern seinen Mitarbeitern das Rauchen im Büro.
  • Ganz verbannt wird der Nikotinkonsum nicht: Rauchfreie Produkte wie Kau- oder Schnupftabak bleiben erlaubt.
  • In deutschen Tabak-Unternehmen haben Raucher meist noch ein komfortables Leben.

Von Stephan Radomsky

Waren das noch Zeiten: Die Männer trugen stets Anzug mit schmaler Krawatte, die Frauen zum ersten Mal Minirock und durch die Büros waberten dicke Schwaden von Tabakqualm. Die Coolness der 60er fasziniert noch heute das Publikum - wie der Serien-Hit "Mad Men" beweist. Der Held: Don Draper, ein Frauenschwarm mit dunkler Vergangenheit und glimmender Zigarette in der Hand - immer und überall.

Damit könnte es nun bald endgültig vorbei sein. Schon vor Jahren haben die meisten Unternehmen dies- und jenseits des Atlantiks den blauen Dunst vom Arbeitsplatz verbannt. Nur eine kleine Gruppe von Arbeitgebern bot bisher - nicht ganz uneigennützig - ein letztes Refugium für Raucher: die Tabakkonzerne. Und selbst die wollen Don Draper nicht mehr das passende Arbeitsumfeld bieten?

Es klingt nach vegetarischer Kantine im Schlachthof

Offenbar nicht. Denn von 2015 an dürfen nicht einmal mehr die amerikanischen Mitarbeiter des Camel-Herstellers Reynolds bei der Arbeit qualmen. Im neuen Jahr sind Zigaretten, Zigarren und Pfeifen am Schreibtisch, in Konferenzräumen, auf Fluren und in Aufzügen tabu. Das hat das Unternehmen seinen Mitarbeitern am Mittwoch mitgeteilt, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Bereits zuvor war das Rauchen in den Produktionshallen, in Cafeterien und den firmeneigenen Fitnesscentern untersagt.

Damit herrscht also ein weitgehendes Rauchverbot im zweitgrößten Tabakkonzern der USA. Was ein wenig nach vegetarischer Kantine im Schlachthof klingt, ist Teil eines branchenweiten Trends in Amerika. So gestattet etwa US-Marktführer Altria, der dort über eine Tochter unter anderem Marlboro vertreibt, seinen Mitarbeitern das Qualmen am Schreibtisch nur noch, wenn der in einem Einzelbüro steht. Ansonsten muss - recht unproduktiv - in einen der Raucherräume gewechselt werden. Die will nun übrigens auch Reynolds einrichten. Aber steht ein Don Draper den ganzen Tag über in der Raucherecke?

"Wir passen unsere Regeln für den Tabakkonsum nur besser an die heutigen gesellschaftlichen Realitäten an", begründet ein Reynolds-Sprecher die Neuerung. Der Anteil der Raucher im Konzern sei in etwa so hoch wie in der Gesamtbevölkerung - in den USA wären das rund 18 Prozent. Die Neuregelung komme nun sowohl den Nichtrauchern als auch den Rauchern entgegen. Aber Don Draper als rücksichtsvoller Typ?

Hat Don Draper eine Zukunft?

Außerdem verbannt Reynolds den Nikotinkonsum keineswegs völlig von den Schreibtischen. Überall erlaubt bleiben sollen demnach rauchfreie Produkte wie etwa Schnupf- und Kautabak sowie Nikotinverdampfer. Aber würde Don Draper an einer E-Zigarette nuckeln?

In den meisten deutschen Tabakunternehmen haben Raucher dagegen noch ein relativ komfortables Leben. Egal ob bei Reemtsma oder British American Tobacco: Solange keiner im Raum widerspricht, darf im Büro und in Meetings gequalmt werden. Bei Philip Morris müssen Raucher zur Suchtbefriedigung dagegen ebenfalls in eigene Räume wechseln.

Geregelt wird das hierzulande durch die Arbeitsstättenverordnung: In nur zwei knappen Absätzen schreibt sie vor, dass der Arbeitgeber "die erforderlichen Maßnahmen" zum Nichtraucherschutz zu treffen hat. "Soweit erforderlich" müssen dazu Rauchverbote erlassen werden. Wann genau das nötig wird, bleibt offen. Im Zweifel geht zwar der Schutz von Nichtrauchern vor - hiesige Chefs können ihren qualmenden Angestellten aber ein ganzes Stück entgegenkommen. Aber würde Don Draper wirklich in eine deutsche Niederlassung wechseln?

Seien wir ehrlich: Don Draper hat einfach keine Zukunft. Auch wenn man heute wieder schmale Krawatten trägt - seine Zeit ist vorbei.

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