Bußgeld gegen Konzerne:Weg mit der Wurstlücke

Wer seinen Konzern umbaut, kann der Strafe des Kartellamts ziemlich einfach entgehen. Eine neue Regel soll das bald verhindern.

Von Varinia Bernau

So ein Bußgeld wegen verbotener Absprachen soll ein Warnsignal sein. Deshalb darf es nicht mehr betragen als ein Zehntel des jährlichen Umsatzes. "Wir wollen schließlich niemanden in die Insolvenz schicken", sagt Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Manchmal aber schlagen ihm die Unternehmen genau das vor: Wenn Sie das Bußgeld durchdrücken, dann schicken wir das Tochterunternehmen eben in die Insolvenz, hat mal ein Manager gedroht.

Wer nämlich seinen Konzern umbaut, lässt die bestrafte Gesellschaft einfach verschwinden - und spart damit das Bußgeld. Der Mutterkonzern muss in Deutschland dann nicht für die Strafe geradestehen, weil deutsches Recht nur bei der handelnden Konzerntochter ansetzt. Auf europäischer Ebene ist die Sache ganz anders. Dort werden Kartellverfahren immer gegen den Mutterkonzern geführt, der im Fall der Fälle auch haften muss.

Dem Vernehmen nach will die Bundesregierung, die derzeit an einer Novelle des Wettbewerbsrechts arbeitet, diese Gesetzeslücke noch im Sommer schließen. Wurstlücke wird sie auch genannt, weil der westfälische Wursthersteller Tönnies mit seiner Gruppe Zur Mühlen davon Gebrauch gemacht hat. Die dazu gehörenden Wursthersteller Böklunder und Könecke erhielten im Sommer 2014 neben anderen Firmen der Branche hohe Bußgeldbescheide wegen Preisabsprachen. Das Kartellamt hatte ein Wurstkartell aufgedeckt und insgesamt Strafen von 338 Millionen Euro verhängt, auf die Tönnies-Firmen entfielen allein etwa 120 Millionen Euro.

Das Bußgeld ist bis heute nicht bezahlt. Das liegt einerseits am Widerspruch des Tönnies-Konzerns gegen die Vorwürfe, der erst in einem Gerichtsverfahren geklärt werden muss. Andererseits wurde der Tönnies-Konzern stark umstrukturiert. Danach gab es Böklunder und Könecke in der vorherigen Form nicht mehr. Nun deutete Mundt an, dass es demnächst eine Einigung mit Tönnies geben könnte. Wäre natürlich schön, wenn die Wettbewerbshüter doch noch ein wenig beim Wursthersteller eintreiben - und im Staatssäckel abliefern könnten.

Denn die neue Regelung gilt, wenn sie denn im Sommer kommt, nicht rückwirkend. "Mehrere hundert Millionen Euro Bußgeld stehen deshalb im Feuer" sagte Mundt noch vor einem Jahr.

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