Burger-Brater:Streit um den Grill

Burger-Brater: Markante Holzoptik: Draußen stehen bei "Hans im Glück" Bänke, drinnen Birken.

Markante Holzoptik: Draußen stehen bei "Hans im Glück" Bänke, drinnen Birken.

(Foto: Stephan Rumpf)

"Hans im Glück" und "Peter Pane" waren Partner. Jetzt streiten sie um Geld, Verträge und Kündigungen. Eine friedliche Einigung schlugen sie aus, nun entscheidet der Richter.

Von Ulrike Schuster

Kein Blick, kein Gruß, nicht einmal auf derselben Etage wollen sie stehen, bis die Verhandlung beginnt. Patrick Junge, Chef der Burger-Braterei "Peter Pane", und Johannes Bühler, einer der drei Geschäftsführer des Konkurrenten "Hans im Glück", zeigten bei ihrem Auftritt vor dem Landgericht München deutlich, wie tief der Riss zwischen ihnen ist. Dabei waren sie mal Partner. "Peter Pane" - das waren früher "Hans im Glück"-Filialen. Hatte Junge keine andere Wahl, als sich neu zu erfinden? Oder verletzte er Vertragspflichten? Am Mittwoch nach der Verhandlung vor Gericht gingen die zwei ohne Friedenspakt nach Hause, keiner rückte von seiner Meinung ab. Jetzt muss Richter Lars Meinhardt im Juli entscheiden.

In den vergangenen achtzehn Monaten hat jeder dem anderen einmal außerordentlich gekündigt, jeder hat den anderen einmal auf Schadenersatz verklagt. Junge will von Bühler vier Millionen Euro, Bühler von Junge acht.

Vor Gericht war Junge für den klaren Schnitt, Bühler hätte es lieber erneut mit einer Zusammenarbeit unter einem Dach probiert; das lehnte Junge ab. Er hätte auch auf die Millionen verzichtet, vorausgesetzt man habe nichts mehr miteinander zu schaffen; das wollte Bühler wiederum nicht. Nach Stunden der Debatte bis in den Abend hinein war klar: Es gibt keinen Kompromiss, zu viele offene Wunden, zu viel steht für jeden auf dem Spiel.

Dabei hatte alles vielversprechend begonnen, im Juni 2013. Bühler und Junge waren ein Team, vereint in "Hans im Glück", einem Franchise-Unternehmen mit klarer Rollenverteilung: Der eine entscheidet und kümmert sich, der andere setzt um und wächst. Bühler lieferte das Rundum-Geschäftskonzept, mit dem die Kette im Süden der Republik schon erfolgreich war, Junge sollte Deutschlands Norden erobern. Idee gegen Gebühr, nach dem Motto: Getrennt grillen und gemeinsam für dasselbe Bild von Burger-Braterei stehen - wilde Fleischkreationen in Wohlfühloase mit Birkenholz.

Eigentlich eine Win-win-Situation, wäre der eine nicht zu weit vom gemeinsamen Konzept abgewichen, so die Darstellung der Münchner.

Bereits 2014 beginnt es zu kriseln; die Münchner mahnen Junge ab, werfen ihm "Alleingänge und Abweichungen" vor. Richter Meinhardt listet aus der Akte auf: eigensinnige Burger-Kombos, zu viele Cocktail-Mischungen, die falsche Lounge-Musik, unerlaubte Schafsfelle auf den Lärchenbänken. Das mag zwar gut fürs Geschäft gewesen sein, Junge habe damit aber gegen Franchise-Prinzipien verstoßen und der Marke geschadet, argumentiert "Hans im Glück".

Junge wäre nun leicht als vertragsbrüchig zu verurteilen, gäbe es da nicht einen zweiten Vertrag. Einen, der ihn zum Partner auf Augenhöhe macht und ihm weit mehr unternehmerische Freiheit als einem einfachen Franchisenehmer zugesteht - ein Systempartnervertrag. "Ein sehr ungewöhnliches Vertragskonstrukt", sagt Richter Meinhardt. Das mache den Fall besonders.

Warum das Münchner Management Junge eine so starke Position einräumte? "Er war kein Anfänger", sagt Ruth Dünisch, die Anwältin von "Hans im Glück". Also kein Existenzgründer, frisch aus der Business School entlassen, wie andere "Hans im Glück"-Partner.

Welches Signal würde das an die anderen Franchise-Partner senden?

Der 40-jährige Lübecker stammt aus der Hansebäckerei Junge, einer Brötchendynastie in fünfter Generation. Wie man Geschäfte macht, lernte er von klein auf. Ein Potenzial, das man bei "Hans im Glück" erkannte und mit starker Partnerschaft und niedriger Lizenzgebühr belohnte. In zwei Jahren schaffte es Junge von einer auf zwölf Filialen - auf seine Art, zu weit weg von der Norm. "Ein 'Hans im Glück' wie Aldi Süd und Aldi Nord wollten wir nicht haben", sagt Anwältin Dünisch, das sei "Vertragsbruch". Im Oktober 2015 kündigt sie Junge außerordentlich - und kurzfristig. Mit harten Folgen: Brötchen, Heumilchkäse, Bio-Rind? Nichts liefert "Hans im Glück" mehr an den Ex-Partner.

Also verschickt auch Junge die außerordentliche Kündigung, im Januar 2016, wieder heißt es "Versprechen gebrochen".

Junge sagt, er sei "zum Handeln gezwungen worden". Das Birkenholz machte er zu Brennholz, die Waldtapeten riss er von den Wänden, servierte das "Leichte Mädl" statt dem "Eitlen Gockel" sowie Schokokuchen zum Nachtisch - gerade so viel anders, um nicht als Plagiat aufzufallen, und dennoch als "Gourmet-Burger" durchzugehen.

Zwölf "Hans im Glück" verwandelte Junge zu "Peter Pane", in einer, wie er sagt, zwölf Wochen dauernden "Blut-Schweiß-und-Tränen"-Aktion. Vier Millionen Euro habe ihn das gekostet, das fordert er von "Hans im Glück" zurück. Auch "Hans im Glück" will von Junge Geld, acht Millionen Euro. Die Lizenzgebühr, die durch das zu frühe Ausscheiden Junges verloren ging, der Vertrag war auf zehn Jahre geschlossen worden.

Im Streit der Burgerbrater hat jeder dem anderen gekündigt, am Ende aber könnten beide Kündigungen unwirksam gewesen sein - wegen des besonderen Vertrages. Juristisch ist eine Menge möglich, und im echten Leben könnte es dann erst recht kompliziert werden.

Ein Grund, weshalb Richter Meinhardt ein "provokantes Gedankenspiel" in den Raum stellt. "Stellen sie sich vor", sagt der Richter, "ab jetzt und heute ist Schluss, sie ziehen beide ihre Klagen zurück, wie wäre das?" Deutschland würde mit zwei Burgerketten fertigwerden, behauptet er.

Heute gibt es 17 "Peter Pane" und 44 "Hans im Glück" - nach Junges Abschied waren es 32 Läden. Den Kunden scheint es also ziemlich egal zu sein, ob von Peter oder Hans serviert wird, Hauptsache, der Burger schmeckt.

Die "Provokation" des Richters lehnt "Hans im Glück" ab. "Welches Signal würde das an das Franchise-System senden?", fragt Anwältin Dünisch. "Wer Regeln bricht, darf am Ende seine Version der Marke feiern?" Viele "Peter Pane" sind schlecht fürs Geschäft.

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