Bundeswegeplan:Merkel soll Dobrindts Verkehrspläne stoppen

Die Grünen halten den Entwurf des Ministers für klimafeindlich. Jetzt soll die Kanzlerin eingreifen.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Wenn es um die Erderwärmung geht, findet die Bundeskanzlerin manchmal deutliche Worte: "Es ist nicht übertrieben: Klimaschutz ist nicht mehr und nicht weniger als eine Frage des Überlebens." Das sagte Angela Merkel gerade auf dem Petersberger Klimadialog.

Den Klimaschutz im alltäglichen politischen Handeln umzusetzen, ist jedoch oft schwierig. Dies zeigt sich auch beim neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Darin wird festgelegt, welche Verkehrsprojekte der Bund bis 2030 umsetzen will. Am Mittwoch soll Merkels Kabinett den Entwurf billigen. Doch nun haben die Grünen die Kanzlerin aufgefordert, die Verabschiedung des BVWP zu stoppen.

"Der Entwurf des Verkehrsministers ignoriert fast alles, was in Sachen Klima- und Umweltschutz je vereinbart wurde", heißt es in einem Schreiben von Fraktionschef Anton Hofreiter und mehreren anderen Grünen-Abgeordneten an Merkel. In dem Brief, der der SZ vorliegt, werfen die Grünen Dobrindt vor, mit seinen Plänen den Zielen der UN-Klimakonferenz nicht gerecht zu werden. Stattdessen sehe der Plan des Verkehrsministers "Treibhausemissionen als gegeben an", dem Verkehr auf der Straße werde damit "hinterhergebaut". Würde man aber jetzt die Weichen falsch stellen, "wird der Plan zu einer schweren Hypothek für die Zukunft". Die internationale Staatengemeinschaft hatte sich Ende 2015 in Paris dazu verpflichtet, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.

In ihrem Schreiben erinnern die Grünen daran, dass in Deutschland der Verkehrssektor für etwa 20 Prozent der energiebedingten Treibhausemissionen verantwortlich sei. Im Vergleich zu 1990 sei dieser Ausstoß im Verkehr sogar gestiegen. Werde Dobrindts Entwurf verwirklicht, trage dies dazu bei, "dass die Klimakrise weiter voranschreitet". Auch begrenze der Plan nicht den Flächenfraß. "Wertvolle Naturräume gehen verloren. Knapp 2000 Kilometer bisher unzerschnittener Großräume würden durchtrennt und zahlreiche Natur- und Landschaftsschutzgebiete bedroht", kritisieren die Grünen.

Kein LKW-Stau mehr in Swiecko

In Deutschland ist der Verkehr für einen erheblichen Teil der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Im Bundesverkehrswegeplan sind Investitionen in Höhe von fast 270 Milliarden Euro vorgesehen. Von den Gesamtausgaben entfallen 41,6 Prozent auf die Schiene, knapp die Hälfte (49,3 Prozent) auf Autobahnen und Straßen sowie 9,1 Prozent auf Wasserwege.

Dobrindt hatte darauf hingewiesen, dass zwar mehr Geld in die Straße fließt. Da aber das Schienennetz viel kleiner sei als das Fernstraßennetz, gehe prozentual mehr Geld in den umweltfreundlichen Schienenverkehr als in die Straße. Auch habe der Erhalt Vorrang vor Ausbau- und Neubau. So sollen von den Gesamtmitteln 69 Prozent für den Erhalt der Infrastruktur sein. Beim Verkehrswegeplan 2003 waren es noch 56 Prozent. Im Schienenverkehr will Dobrindt Engpässe auf 800 Kilometern auflösen. Bei den Straßen sollen die Autofahrer auf 2000 Kilometern, etwa durch Extraspuren auf stauträchtigen Strecken, freiere Fahrt bekommen.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sowie das Umweltbundesamt (UBA) sind mit den Plänen Dobrindts auch nicht zufrieden. Hendricks sagt, der BVWP müsse "auch zum Erreichen wichtiger umwelt- und vor allem klimapolitischer Ziele" beitragen. Das UBA hatte vorgeschlagen, 60 Prozent der Mittel in die Schiene zu investieren und von den neu geplanten Straßenbauprojekten einen Teil zu streichen.

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