Bundesregierung bejubelt geringeres Haushaltsdefizit:Seht her, Euro-Länder, so wird das gemacht

Vorbild für die anderen europäischen Länder: Deutschlands Haushaltsdefizit sinkt dieses Jahr wohl schon auf 1,5 Prozent. Das hilft Bundeskanzlerin Merkel im Kampf um eine EU-weite Schuldenbremse. Dabei sind für die guten deutschen Zahlen ausgerechnet höhere Steuereinnahmen verantwortlich.

Das Defizit im deutschen Staatshaushalt wird nach Erwartung des Bundesfinanzministeriums bereits dieses Jahr auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) fallen. "Schon ab dem Jahr 2014 ist gesamtstaatlich ein ausgeglichener Haushalt erreichbar", heißt es im Monatsbericht des Ministeriums. 2010 hatte das Haushaltsdefizit noch 3,3 Prozent betragen - deutlich mehr als die EU-Vorgabe von drei Prozent.

Grund für diese Entwicklung sind vor allem höhere Steuereinnahmen. Von Januar bis Juli nahmen diese im Vergleich zum Vorjahr um 9,4 Prozent zu - auf nun insgesamt rund 297 Milliarden Euro.

Von 2020 an greift in Deutschland eine Schuldenbremse - danach darf der Bund jährlich maximal 0,35 Prozent seiner Wirtschaftsleistung an Krediten aufnehmen Erst kürzlich hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeinsam mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy einen Plan vorgestellt, der eine solche Schuldenbremse für alle Euro-Länder vorsieht. Deutschland ist also in einer besonderen Pflicht.

Auch bei der Schuldenstandsquote erwartet das Ministerium 2011 eine Trendwende. Sie werde bis Ende dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr um drei Prozentpunkte auf 80 Prozent des BIP zurückgehen. Bis 2015 führe die Verbesserung der öffentlichen Haushaltssalden zu einer kontinuierlichen Abnahme der Schuldenstandsquote auf etwa 71 Prozent des BIP.

Wie in den Vormonaten profitierte der Staat auch im Juli von der guten Konjunktur, die ihm unerwartet hohe Steuereinnahmen in die Kassen spülte. Dem Monatsbericht zufolge nahmen der Bund und die Länder 39,7 Milliarden Euro ein - fast zehn Prozent mehr als im Juli 2010.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) versuchte am Morgen, Krisenängste zu zerstreuen. Er gehe derzeit von einem Wirtschaftswachstum von drei Prozent aus, sagte er im Deutschlandfunk. Es gebe keine Anzeichen für eine Rezession in Deutschland.

Eine "gewisse Dämpfung überzogener Erwartungen" nannte Schäuble das, was derzeit geschehe. Der unerwartet starke Boom schwäche sich nun ab, das sei alles. Mit Blick auf die Turbulenzen an den Börsen sagte Schäuble, die Märkte neigten dazu, "Entwicklungen zu übertreiben". Da müsse man "ein Stück weit die Nerven behalten".

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