Bundesliga-Rechte:Die Spielregeln im Kirch-Monopoly

In einer offenen Versteigerungsrunde will Medienunternehmer Kirch die TV-Bundesliga-Rechte verkaufen. Die "Sportschau" am Samstag wackelt.

Das Vermarktungs-Milliarden-Geschäft zwischen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und Leo Kirch ist bei Vereinen, Fernsehsendern und Medienexperten großteils auf Unbehagen und Skepsis gestoßen.

Medienunternehmer Kirch kündigte nach der Einigung mit der DFL eine offene Versteigerung der Bundesliga-Rechte an. "Das ist absolut offen. Es gibt keine Vorabsprachen", sagte ein Kirch-Sprecher. "Jeder kann, jeder darf mitbieten."

Der Bezahlsender Premiere gibt den Kampf um die Fernsehrechte noch nicht auf und will trotz der Vergabe an Kirch mitsteigern. Der Premiere-Aktienkurs brach am Mittwoch weiter ein.

"Wir sind Realisten. Fußball ist keine humanitäre Aktion. Das ist ein Geschäft", sagte ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender. Für vergleichbare Rechte an der Bundesliga werde man jedoch nicht mehr bezahlen.

Behält die "Sportschau" ihren Sendeplatz?

"Mit oder ohne Zwischenhändler. Wir verhandeln aber mit allen, die von der DFL damit beauftragt wurden", so Brender. Eine ähnliche Position vertritt ARD-Programmdirektor Günter Struve, der durch die neue Entwicklung mehr denn je um den Sendeplatz der "Sportschau" um 18.30 Uhr bangen muss.

"Ich bin mir sicher, dass die ARD-Sportschau auch 2009 die Bundesliga am Samstag deutlich vor 20.00 Uhr zeigen wird", sagte Struve der Bild-Zeitung. Bei der im Frühjahr 2008 geplanten Ausschreibung der TV-Rechte von 2009 an wird die DFL wie beim letzten Bieterverfahren wieder zwei Szenarien - mit einer "Sportschau" um 18.30 Uhr und ohne - offerieren.

Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball machte deutlich, dass der nun gewählte "innovative Weg" noch nichts über Spielpläne, Sendezeiten oder Sendeplätze aussage.

"Da sind noch nicht einmal Tendenzen zu erkennen", sagte Rauball. Bei der Vergabe der TV-Rechte 2005 hätten der Pay-TV-Sender Premiere und das ZDF insgesamt nach Angaben von Ligaverbands-Vizepräsident Peter Peters einen dreistelligen Millionen-Betrag mehr bezahlt, wenn die "Sportschau" gekippt worden wäre. "Wir haben damals auf viele Millionen verzichtet", sagte Peters.

Deshalb wäre es falsch, jetzt schon den Teufel an die Wand zu malen. Allerdings wollte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert keine Garantie abgeben, dass es die "Sportschau" weiter "um die bisherige Zeit geben wird".

Geteiltes Echo bei den Clubs

Bei Vereinsvertretern rief die Entscheidung ein geteiltes Echo hervor. "Man kann den Herren Rauball und Seifert nur gratulieren. Damit brechen wir alte Strukturen auf, nun ist wieder Bewegung in den Markt gekommen", sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans- Joachim Watzke.

Deutliche Kritik kam dagegen vom Hamburger SV. "Die Entscheidung mit einer solchen Tragweite wurde mit unnötigem Zeitdruck erzwungen. Und die vorgelegten Bedingungen haben mich nicht überzeugt", hatte der HSV-Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann am Dienstag gesagt. Als einziger stimmte Hoffmann gegen die Vergabe der Medienrechte an Kirch und Sirius.

Premiere will trotz der Verstimmungen nach dem Zuschlag für Kirch wieder in den Wettstreit um die Bundesliga- Liverechte einsteigen. "Bieten werden wir auf jeden Fall", sagte ein Premiere-Sprecher in München. Interesse bekundete auch der Privatsender RTL. "Wir sind grundsätzlich am Fußball interessiert und sind gespannt, welche Auswirkungen die neue Konstellation auf die Ausschreibung haben wird", sagte ein RTL-Sprecher.

Auch beim TV-Sender Sat.1, der die Champions League derzeit überträgt, beobachtet man mit Interesse das Geschehen. "Wir schauen auf alle attraktiven Sportrechte, dazu gehört auch die Bundesliga", erklärte Katja Pichler, Sprecherin der ProSieben-Sat.1-Gruppe. Bisher kassierte die DFL pro Saison etwa 420 Millionen Euro an TV-Lizenzgebühren - Kirch garantiert nun 500 Millionen.

Erlöst werden soll diese Summe auch dadurch, dass die DFL mit dem Kirch-Unternehmen Sirius die Live-Berichterstattung der Bundesliga- Spiele inklusive Interviews produzieren wird. Dieses Vorhaben stößt mit Verweis auf die journalistische Freiheit auf erhebliche Kritik.

Die Befürchtungen des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), fertig produzierte Live-Übertragungen der DFL für das Pay-TV gefährdeten die Unabhängigkeit des Sportjournalismus, wies Rauball zurück. Der DJV- Vorsitzende Michael Konken hatte die Pflichtabnahme der produzierten Beiträge als "Knebelung der Sender" bezeichnet.

DFL: Kein Angriff auf die Pressefreiheit

Die DFL sieht keinen Angriff auf die Pressefreiheit gegeben. Schließlich werde Kirch an der Produktionsfirma 51 Prozent und die DFL 49 Prozent halten. Kirch garantiert der Liga ab dem Jahr 2009 für sechs Spielzeiten Einnahmen von insgesamt drei Milliarden Euro. Damit ist Kirch fünf Jahre nach dem Zusammenbruch seines Medienimperiums wieder im Spiel.

Weiterhin nicht bekannt ist, welches Kreditinstitut Kirch die notwendige Bürgschaft gibt. Es sei davon auszugehen, dass sich Kirch im Vorfeld Rückendeckung bei einer Bank geholt habe, hieß es in Branchenkreisen. Der Kirch-Sprecher sagte zu diesem Thema lediglich: "Nach allem, was man darüber lesen und hören kann, wird es nicht die Deutsche Bank sein."

Leo Kirch macht die Deutsche Bank und deren früheren Chef Rolf Breuer für den Zusammenbruch seines Medienimperiums vor gut fünf Jahren verantwortlich.

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