Bundeshaushalt:Es wird schwierig, die schwarze Null zu halten

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Else wird alt - bereit seit 1970 fliegt das Transportflugzeug vom Typ Transall für die Bundeswehr. Die derzeit laufende Beschaffung neuer Maschinen der Marke Airbus A400M kostet den Etat Milliarden. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)
  • Finanzminister Olaf Scholz kann 46 Milliarden Euro zusätzlich verteilen. Das kommt vor allem der Mittelschicht und der inneren Sicherheit zugute.
  • Auch für das Militär ist mehr Geld da - aber nicht so viel wie zugesagt.
  • Neben anstehenden Rüstungsausgaben werden weitere außenpolitische Aufgaben in den nächsten Jahren viel Geld kosten. Ein Überblick über die wichtigsten Pläne.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Sechsundvierzig Milliarden Euro zusätzlich verteilen zu können, so wie jetzt die Groko, das kommt nicht alle Tage vor. Genau genommen, ist es noch nie vorgekommen, dass eine Bundesregierung bei Amtsantritt einen solchen Batzen Geld vorgefunden hat. Kein Wunder also, dass am Freitag aus der Bundesregierung verlautete, es sei "schon prickelnd", mit diesen Überschüssen einen Bundeshaushalt planen zu können.

Dass es prickelt, hat schlichte Gründe. Zum einen spült die stabile Konjunktur nebst Rekordbeschäftigung weiter zuverlässig zusätzliche Einnahmen in die Kasse, zum anderen hatte die vorherige große Koalition eine Flüchtlingsrücklage in Höhe von 24 Milliarden Euro gebildet, die ausgegeben werden kann. Zusammen mit den weiter sehr niedrigen Zinsen war es den Experten im Bundesfinanzministerium möglich, die Haushalte für die Jahre 2018 bis 2022 so zu planen, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) liefern kann, was er versprochen hat - solide Finanzen, gemacht von der Sozialdemokratie.

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Der Bundeshaushalt wächst von mehr als 330 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf voraussichtlich knapp 368 Milliarden Euro im Jahr 2022. Trotz der deutlich höheren Ausgaben will Scholz keine zusätzlichen Schulden machen, sondern das Erbe seines CDU-Amtsvorgängers Wolfgang Schäuble bewahren. Die gute Konjunktur beschert ihm ein weiteres Geschenk. Erstmals seit 17 Jahren wird die Schuldenstandsquote im kommenden Jahr unter die in der Euro-Zone erlaubte 60-Prozent-Grenze fallen. Auch die Schuldenregel des Bundes soll eingehalten werden. Im Kleingedruckten geht es weniger spektakulär zu. CDU, CSU und SPD hatten im Koalitionsvertrag bereits aufgelistet, wo das viele Geld ausgegeben werden soll - vor allem für innenpolitische Vorhaben. Zwar sollen viele Projekte erst 2019 und 2020 starten. Das liegt aber daran, dass sichergestellt werden soll, dass die Mittel auch abgerufen werden. Schon in der vergangenen Legislaturperiode war darüber geklagt worden, dass etwa Geld für umweltfreundliche Züge und Busse nicht abgerufen wurde, weil keine Fahrzeuge zu bekommen waren.

Was kommt

Der überwiegende Teil des zusätzlichen Geldes wird verwendet, um die Mittelschicht zu entlasten und die innere Sicherheit zu verbessern. Ein zweistelliger Milliardenbetrag soll für Bildung und Fortbildung, die Förderung von Kindern sowie den sozialen Wohnungsbau ausgegeben werden. Am Ende der Legislaturperiode wird weniger gut verdienenden Steuerzahlern der Soli gestrichen.

Die Ausgaben für Flüchtlinge sind leicht rückläufig, werden aber noch immer mit einem jährlich zweistelligen Milliardenbetrag beziffert. Der Bund wird den Ländern allein acht Milliarden Euro für Integrationsleistungen überweisen. Die eigens für die Finanzierung der Migration gebildete Flüchtlingsrücklage der Bundesregierung in Höhe von 24 Milliarden Euro wird bis 2022 vollständig verbraucht sein.

Was kommt nicht - oder später

Aus Sicht der im Landtagswahlkampf befindlichen CSU hält die Haushaltsplanung eine schlechte Nachricht bereit. Die von CSU-Chef Horst Seehofer durchgesetzte erweiterte Mütterrente ist nicht eingepreist. Das dürfte daran liegen, dass sie nicht im Paket der prioritären Maßnahmen vereinbart ist. Das Bundesfinanzministerium ist zudem nicht davon überzeugt, dass die erweiterte Mütterrente, wenn sie kommen soll, komplett aus dem Bundeshaushalt finanziert werden soll - man verweist auf die Überschüsse in der Rentenkasse.

Die Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt zur Rente steigen wegen der Rentenerhöhungen ohnehin deutlich an. Im Jahr 2020 wird erstmals die als magisch geltende Grenze von 100 Milliarden Euro Steuerzuschuss durchbrochen - im Jahr 1998 betrug dieser noch 52 Milliarden Euro. Auch ein anderes vornehmlich aus Bayern vorangetriebenes Projekt verspätet sich. "Die Einführung der Maut wird um ein Jahr verschoben", verlautete aus Regierungskreisen. Das betreffe auch die damit verbundene Änderung der KfZ-Steuer.

Wo die schwarze Null wackelt

Zwar hieß es am Freitag in Regierungskreisen, die schwarze Null sei großzügig abgesichert. Allerdings sind in der Finanzplanung bis 2022 einige gewichtige Ausgaben nicht enthalten, die auf den Bund zukommen. Dabei geht es vor allem um außenpolitische Vorhaben.

So hat Scholz bereits zugesagt, nach dem Ausscheiden von Großbritannien aus der Europäischen Union von 2021 an mehr Geld in den EU-Haushalt einzuzahlen. Zudem stehen Reformen in der Währungsunion bevor. Für beides aber ist bisher in den Bundeshaushalt noch nichts eingepreist. Auch die für Rüstung und Entwicklungshilfe eingeplanten Haushaltsmittel reichen bei Weitem nicht aus, damit die große Koalition ihre internationalen Verpflichtungen erfüllen kann. Zwar steigen die Rüstungsausgaben deutlich an, die Zusage der Bundesregierung an das Verteidigungsbündnis Nato, bis 2024 tendenziell zwei Prozent des Bruttosozialproduktes für Rüstung auszugeben, bleibt jedoch unerreicht. Die Quote wird von 1,24 Prozent in diesem Jahr auf 1,29 Prozent im Jahr 2019 ansteigen. Danach wird sie bis 2022 auf 1,23 Prozent fallen. Das dürfte US-Präsident Donald Trump aufmerksam verfolgen.

Auch die international vereinbarte Quote für Entwicklungshilfe von 0,7 Prozent des Bruttosozialeinkommens wird von der großen Koalition nicht erreicht. Die Planer schaffen es lediglich, die Quote im laufenden Jahr bei 0,5 Prozent zu stabilisieren, schon nächstes Jahr sinkt sie ab. Damit wird es deutlich schwerer, Entwicklungsländern dabei zu helfen, den Bürgern im eigenen Land eine Perspektive zu geben und von der Flucht abzuhalten.

Aus Kreisen des Verteidigungsministeriums hieß es bereits am Freitag, der Etat ab 2019 müsse nachgebessert werden. Sollte es bei den jetzigen Zahlen bleiben, werde Ministerin Ursula von der Leyen mindestens eines der verabredeten großen internationalen Rüstungsprojekte nicht beginnen können. Sie werde keine Abstriche bei der digitalen Ausstattung und der persönlichen Ausrüstung der Soldaten machen.

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Von der Leyen pocht auch darauf, dass die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Vereinbarung, wonach für jeden zusätzlichen Euro, der in Rüstung fließt, auch ein Euro mehr für Entwicklungshilfe ausgegeben werden muss, auch anders herum gilt. Weil damit aber mit den Mitteln für Entwicklungshilfe auch die für Rüstung automatisch steigen, stößt die noch vom damaligen Außenminister Sigmar Gabriel in den Koalitionsvertrag gebrachte "Gabriel-Formel" in der SPD auf wenig Zuspruch. Das Verteidigungsministerium will seinen Anspruch durch eine Protokollerklärung zum Kabinettsbeschluss festschreiben.

Am kommenden Mittwoch wird Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Haushaltsplanung im Kabinett vorstellen, danach wird der Bundestag debattieren. Im Sommer soll das Haushaltsgesetz 2018 beschlossen werden. Dann endet endlich auch die eingeschränkte Haushaltsführung der großen Koalition.

© SZ vom 28.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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