Bundesgerichtshof:Im Quadrat

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Die Quadratform ist keine wesentliche Gebrauchseigenschaft.

(Foto: David Gannon/AFP)

Seit Jahrzehnten wirbt Ritter Sport mit der Form seiner Schokoladentafeln. Nun errang das Unternehmen gegen den Konkurrenten Milka einen Teilsieg.

Von Wolfgang Janisch

Seit Jahrzehnten wirbt Ritter Sport mit der markanten Form seiner Schokoladetafeln - "quadratisch, praktisch, gut" gehört zu den eingängigsten Formeln der Werbebranche. Nun jedoch musste das Unternehmen das Quadrat gegen den Konkurrenten Milka verteidigen. Dessen Markenfirma Kraft Foods Schweiz Holding hatte beim Bundespatentgericht die Löschung der dreidimensionalen Marke erwirkt, die Ritter im Jahr 1996 hatte eintragen lassen. An diesem Mittwoch hat sich Ritter Sport nun beim Bundesgerichtshof durchgesetzt: Das Quadrat ist doch schützenswert.

Kern des Streits ist eine komplizierte Vorschrift aus dem Markenrecht. Demnach kann man zwar dreidimensionale Gestaltungen durchaus als Marke eintragen lassen. Eine Ausnahme gilt allerdings, wenn die Form eine "wesentliche Gebrauchseigenschaft" der Ware darstellt. Dadurch soll verhindert werden, dass ein Hersteller eine besonders praktische Gestaltung einer Ware durch den Eintrag ins Markenregister monopolisiert - mit der Folge, dass die Konkurrenz dann auf Formen verwiesen wäre, die für den Gebrauch eher unpraktisch sind. Markenschutz für eine Warenform, die lediglich der Gebrauchstauglichkeit geschuldet ist, würde dem Hersteller einen "unlauteren Wettbewerbsvorteil" verschaffen, erläuterte der BGH-Senatsvorsitzende Wolfgang Büscher.

Was also hat es mit dem Quadrat auf sich? Das Bundespatentgericht meinte, ein Quadrat erleichtere Lagerung, Transport und Portionierung - also kein Markenschutz. Der BGH hielt dem entgegen, Transport und Lagerung beträfen nicht den "Gebrauch", sondern nur die "Herstellung" - also doch Schutz. Auch für die Portionierung durch den Konsumenten bietet das Rechteck mit den gleichlangen Seiten laut BGH keinerlei Nutzen, dafür sind bekanntermaßen die Rillen in der Schokolade da. Und schließlich griff Büscher noch auf den Ursprungsmoment des Schoko-Quadrats zurück, den Ausspruch von Clara Ritter aus dem Jahr 1932. Die Frau, die mit ihrem Mann Alfred die Firma gegründet hatte, wollte damals eine Schokolade machen, "die in jede Sportjackettasche passt, ohne dass sie bricht". Das klang zwar wieder nach einem praktischen Aspekt, doch auch darin konnte Büscher keinen Grund zur Versagung des Markenschutzes erkennen. Dass die Tafel in die Tasche passe, "das ist keine wesentliche Gebrauchseigenschaft von Schokolade".

Der BGH hat den Fall zur Klärung weiterer Einzelheiten an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Gleiches gilt für ein Parallelverfahren, dort geht es um den Traubenzucker von Dextro Energy - ein dreidimensionaler Stapel aus acht quaderförmigen Täfelchen. Auch versuchten die Richter, das Funktionale vom Gestalterischen zu trennen; die V-förmigen Einkerbungen sind technisch bedingt (Portionierung), die abgeschrägten Ecken eher nicht. Die Anwendung des Paragrafen, merkte Büscher noch an, sei "in der Praxis nicht einfach".

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