Bundesagentur für Arbeit:Die hohe Kunst der Personalvermittlung

Sie haben ihn gefragt, er hätte es gemacht - doch der Kanzler wollte nicht, dass Henning Scherf nach Nürnberg zieht. Am Donnerstag, irgendwann um die Mittagszeit, entschied Gerhard Schröder, der Bremer Bürgermeister solle dort bleiben, wo er ist: an der Weser.

Von Ulrich Schäfer

Um 14.30 Uhr übermittelte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement die Entscheidung an Peter Clever, der den Arbeitgeber-Flügel im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit führt.

Lange hatten Schröder und Clement die Personalie mit sich herumgetragen, eine Idee, die nicht sie erfunden hatten, sondern die Strippenzieher im Verwaltungsrat.

Clever und die stellvertretende DGB-Chefin Ursula Engelen-Kefer, die Leiter des Gremiums, hatten den Genossen ins Spiel gebracht.

Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und der DGB-Vorsitzende Michael Sommer hatten für Scherf geworben. Doch nach acht Tagen des Zuwartens sagte Schröder Nein; es sollte kein Politiker folgen auf den Politiker Florian Gerster.

Gesucht wurde stattdessen ein zupackender Manager, das Stellenprofil hatte Clement in etwa so formuliert:

Der Neue solle aus der Wirtschaft kommen - und möglichst besser sein als Interimschef Frank-Jürgen Weise.

Als Clement gewahr wurde, dass er damit Gersters bisherigen Stellvertreter gleich zu Beginn des Suchprozesses desavouiert hatte, schob er schnell nach: "Auch Herr Weise kommt ja aus der Wirtschaft."

Niemand wollte

Tatsächlich hatten die Berliner Personalvermittler, wie bei der Suche nach einem neuen Telekom-Chef im Sommer 2002, Großes im Sinn, aber kein Glück.

Prominente Namen zuhauf kursierten im Regierungsviertel. Als erster wurde, unvermeidlich, VW-Personalchef Peter Hartz genannt, der Erfinder des Nürnberger Reformprogramms.

Es folgten Vorstände, Arbeitsdirektoren und Personalchefs von Eon, RWE oder BASF.

Doch keiner wollte ins Fränkische ziehen, keiner sich in die Hand der Politik begeben und für einen Bruchteil dessen, was in der Wirtschaft zu verdienen ist, einen derart riskanten Job übernehmen.

So endete die Personalsuche da, wo sie begonnen hatte: bei Weise. Diese Lösung hätte die Regierung, wenn sie gewollt hätte, schon am 24. Januar haben können: in der Sitzung, in der Gerster geschasst wurde.

Der Verwaltungsrat, das wusste man in Berlin, wäre willens gewesen, Weise direkt zum Nachfolger zu küren. Schröder und Clement lehnten ab und versuchten stattdessen, auch das Kontrollgremium neu ordnen.

Runde im Kanzleramt

Am Montag dieser Woche luden sie Sommer und Hundt deshalb ins Kanzleramt.

Mit in der Runde saß, welche Überraschung, Peter Hartz. Clement erklärte, er wolle den 21-köpfigen Verwaltungsrat durch einen schlanken Aufsichtsrat ersetzen und den Vorsitz übernehmen. DGB-Vize Engelen-Kefer, die man im Kanzleramt auch "Quengelen-Keifer" nennt, würde als Verwaltungsratschefin entmachtet.

DGB-Chef Sommer erhob, zumindest an diesem Abend, keine erkennbaren Einwände; später klang das in Interviews jedoch anders.

Neben Clement sollten und wollten auch Hartz, Sommer und Eberhard Einsiedler, der Vorsitzende des BA-Gesamtpersonalrats, in das neue Gremium einrücken.

Nur Hundt sträubte sich. Der Kanzler und die anderen appellierten an seine "nationale Verantwortung", doch der Arbeitgeber-Präsident wies darauf hin, dass er nicht nur Verbandschef sei, sondern als Unternehmenschef zudem Verantwortung für 1700 Mitarbeiter trage.

Auch nach zwei Tagen Bedenkzeit blieb Hundt bei seinem Nein.

Seither dient der Unternehmer, dem eine gewisse Nähe zur Union nachgesagt wird, den Gewerkschaften und der Regierung als Prügelknabe:

Hundt habe aus parteitaktischen Gründen abgesagt, streuen die Büchsenspanner der Regierung, und Sommer attackierte ihn im Deutschlandfunk. Hundt sei, wie zu hören ist, deswegen "stinksauer".

Es sieht also ganz so aus, als ob die komplizierte Personalie noch ein Nachspiel haben wird.

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