Brüssel:Die Angst vor dem Terror

Flower Carpet 2016 In Brussels

Foto: Andreas Rentz/Getty Images

Seit den Anschlägen vom 22. März ist der Tourismus in der belgischen Metropole eingebrochen. Die Stadt lässt sich einiges einfallen, um das Image zu verbessern - bisher vergebens.

Von Alexander Mühlauer

Eine gute Woche ist es nun her, da durfte Brüssel mal wieder leuchten. Auf dem Grand Place lag ein prächtiger Blumenteppich, so wie alle zwei Jahre um das mittlere Wochenende im August. Auf dem Rathausbalkon drängten sich Chinesen, Amerikaner und Japaner mit ihren Selfiesticks, um ja das beste Foto mit nach Hause zu nehmen. Für so manchen Brüsseler war der Anblick der Touristen das schönste Bild: Endlich wieder Leute in der Stadt. Seit den Terroranschlägen vom 22. März ist der Tourismus in der belgischen Metropole eingebrochen. Die Hoteliers klagen über leere Betten, nur langsam wird es wieder besser. Lag die Auslastung der Brüsseler Hotels im April noch bei lediglich 54 Prozent, ist dieser Wert im Juni auf 66 Prozent gestiegen - was aber immer noch ein Minus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist. Auch die Museen der Hauptstadt verzeichneten in den Monaten nach den Anschlägen einen Besuchereinbruch von fast 40 Prozent.

Die Stadt selbst tut ihren Teil, um das Image zu verbessern. Nach den Terrorattacken ließ die Tourismusagentur Visit Brussels an zwölf Plätzen Telefone aufstellen. Die konnte man von überall auf der Welt anrufen, um zu fragen, wie das Leben so sei in der vom Terror gebeutelten Stadt. Passanten, die gerade in der Nähe standen, konnten abheben und erklären, dass hier die Menschen bereits am Abend der Anschläge wieder draußen saßen und Brüssel auch sonst eine Reise wert sei. Die Kampagne #CallBrussels half jedoch auch nicht viel, denn in den Medien verfestigte sich das Bild von Belgien als einem "failed state" samt einer Hauptstadt, die einem Kriegsgebiet glich. Der Bezirk Molenbeek wurde zum Synonym für die "Terrormetropole". Kein Wunder, dass viele Schulklassen ihren Ausflug in die EU-Kapitale absagten.

Nun, fünf Monate nach den Anschlägen, herrscht in Belgien noch immer die zweithöchste Terrorwarnstufe; noch immer patrouillieren bewaffnete Soldaten durch die Innenstadt; und noch immer stehen Armeefahrzeuge an den vielen schönen Plätzen Brüssels. Ganz zu schweigen von den Geschichten, die Passagiere am Flughafen erleben mussten. Nicht nur, dass man vor der Abflughalle in überhitzten Plastikpavillons teils stundenlang anstehen musste, auch der Weg zum Taxistand glich einem Labyrinth. Das alles hat sich inzwischen einigermaßen normalisiert.

Die Brüsseler selbst lassen sich davon recht wenig beeindrucken. Ärgerlicher finden sie, dass noch immer zwei zentrale Tunnel gesperrt sind. Einerseits ist es natürlich gut, dass dem so ist, weil sie akut einsturzgefährdet sind; andererseits dauern die Bauarbeiten sogar für belgische Verhältnisse ziemlich lange. Was allerdings auch daran liegt, dass man die ursprünglichen Baupläne erst nicht gefunden hatte.

Die Folgen des Terrors spürt in Belgien nicht nur Brüssel. Auch Brügge, dessen Stadtkern sich zum Weltkulturerbe zählen darf, leidet unter dem schlechten Image des Landes. Im ersten Halbjahr 2016 zählten die Boote, die auf den Kanälen rund um die Innenstadt fahren, um 22 Prozent weniger Passagiere. Das belgische Wirtschaftsministerium zog bereits Ende Juli eine bittere Bilanz: Infolge der Anschläge gingen die Steuereinnahmen um 760 Millionen Euro zurück.

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