Brexit:Britische Wirtschaftsbosse verweigern Brexit-Lob

FILE PHOTO: Canary Wharf and the City at sunset in London

In der Londoner City ist man vom Brexit nicht so begeistert, wie in der Regierung von Theresa May.

(Foto: REUTERS)
  • Britische Unternehmen sollten sich in einem offenen Brief positiv über den Brexit äußern. Zumindest wollten die Berater von Premierministerin May sie davon überzeugen.
  • Viele Manager weigerten sich allerdings, den Brief zu unterschreiben. Sie sind unzufrieden und fürchten die wirtschaftlichen Folgen des EU-Austritts.

Von Björn Finke

Die britische Regierung kann Unterstützung gut gebrauchen. Die Verhandlungen mit Brüssel über die Bedingungen des Brexit machen kaum Fortschritte, und in London muss Premierministerin Theresa May ein umstrittenes Austrittsgesetz durchs Parlament bringen, gegen den Widerstand von Opposition und Kritikern in der eigenen konservativen Fraktion. Berater Mays in 10 Downing Street dachten darum, es sei eine gute Idee, die Wirtschaftsführer im Königreich um Hilfe zu bitten. Die Chefs der größten Konzerne sollten einen offenen Brief unterschreiben, der den Kurs der Regierung preist. Die Werbebotschaft soll noch in dieser Woche veröffentlicht werden.

Unter anderem heißt es da schön patriotisch: "Wir glauben, es ist nun an der Zeit, dass sich Arbeitgeber zusammen mit Regierung und Parlament dafür einsetzen, den Brexit zu einem Erfolg zu machen und eine strahlende Zukunft für unser Land zu sichern." Doch viele Manager entschieden sich, ihren Namen nicht unter das Schreiben zu setzen. Stattdessen sprechen sie - anonym - mit britischen Medien und kritisieren das Ansinnen. Denn in Wirklichkeit bereitet Mays harter Brexit-Kurs den Wirtschaftsführern Ihrer Majestät reichlich Sorgen.

Sie sind unzufrieden, weil die Gespräche mit Brüssel nicht vorankommen. Einigen sich Großbritannien und die EU nicht auf einen Handelsvertrag oder eine Übergangsregelung, würden von April 2019 an Zölle und bürokratische Hürden Geschäfte mit der EU erschweren, dem wichtigsten Exportmarkt. In dieser Woche wurde zudem ein Papier aus dem Innenministerium zur Einwanderungspolitik an Medien durchgestochen. Die Vorlage sieht herbe Einschränkungen für gering qualifizierte EU-Ausländer vor. Vertreter der Bauern und Gastronomie-Branche warnten prompt vor Arbeitskräftemangel.

Im Moment kursiert noch ein zweiter offener Brief. Der größte Wirtschaftsverband des Landes, CBI, sammelt bei Managern Unterschriften für ein Schreiben, das Durchbrüche bei den Brexit-Verhandlungen fordert. "Es ist an der Zeit, die Interessen der Wirtschaft voranzustellen und zu tun, was nötig ist, um Fortschritte zu erzielen", heißt es dort. Auf diesen offenen Brief könnte die Regierung gut verzichten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: