Borsalino:Ende eines legendären Hutmachers

Ingrid Bergman wäre 100

Humphrey Bogart und Ingrid Bergman in der Abschiedsszene des Films "Casablanca".

(Foto: picture alliance / dpa)

"Casablanca", "Indiana Jones", "Der Pate" - ohne den Borsalino wären viele legendäre Filme nicht dieselben. Nun ist der traditionsreiche Hut-Hersteller pleite.

Von Thomas Fromm

Es gab Filmszenen, da ging es nur mit diesem einen Hut und nichts anderem. Zum Beispiel die Schlussszene von "Casablanca", Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann stehen auf dem nebligen Rollfeld. Gleich werden sich die beiden trennen, es ist eine der sentimentalsten Szenen der Filmgeschichte, und Ilsa fragt: "Was wird aus uns?" Rick antwortet: "Uns bleibt immer Paris." Schnitt in Schwarz-Weiß, das Flugzeug hebt ab, Rick bleibt allein im Nebel, mit Trenchcoat, Zigarette - und Borsalino.

Wäre alles genau so gewesen, hätte Rick - sagen wir - eine Baseballmütze der New York Yankees getragen? Casablanca, Paris, Ilsa, Käppi? Nein, wäre es natürlich nicht, und deshalb musste es der Borsalino sein, jener elegante Filzhut, der aus dem Fell von Hasen und Kaninchen hergestellt wird. Ein Hut, nicht aus London, nicht aus Paris, sondern aus der italienischen Provinz: Im piemontesischen Alessandria gründete Giuseppe Borsalino 1857 seine Familienmanufaktur, hier, im Stadtteil Spinetta Marengo, arbeiteten zuletzt noch über 100 Menschen.

Jetzt erklärte ein Gericht in Alessandria den Hutmacher für insolvent, zwei Sachverwalter sollen sich nun um das Traditionsunternehmen kümmern. Ein Gewerkschaftssprecher wurde mit den Worten zitiert, die Produktion könne vielleicht vorerst weitergehen - doch ganz sicher ist das wohl nicht.

Man muss den Niedergang des Hutmachers, den auch schon Alain Delon, Michael Jackson und, ja, auch Al Capone und seine Kollegen von der Mafia schätzten, wohl auch kulturhistorisch deuten. Verkürzt gesagt als Sieg der Baseballmütze, als Triumph einer banaleren Moderne über die klassische Eleganz, die mit bis zu 400 Euro natürlich ihren Preis hat. Irgendwann, es war wohl in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, hatte der Hut als Alltagsbekleidung immer mehr ausgedient und war zu einem Nischenprodukt geworden. Meist waren es allerdings coole Menschen, die noch so etwas trugen.

400 000 Hüte pro Jahr verkauft

Mit der Kulturkrise kam die wirtschaftliche Krise. Die Firma war schon seit einigen Jahren in Schwierigkeiten; 2015 übernahm der Investmentfonds Haeres Equita Borsalino. Zu dieser Zeit soll das Unternehmen 30 Millionen Euro Schulden gehabt haben; mehr als das Doppelte des Umsatzes. Es sind Summen, das muss an dieser Stelle eingeordnet werden, die für Großkonzerne nicht mehr als die Portokasse wären. Für die Firma mit dem großen Namen, den breiten Krempen und einem Jahresverkauf von 400 000 Hüten aber war es ein schwerer Schlag. Dazu kamen dann noch die Machenschaften des ehemaligen Investors und Chefs Marco Marenco, eine dubiose Figur, die wegen Betrugs und Steuerhinterziehung in der Schweiz festgenommen wurde.

"Louis, ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft", sagt Rick am Ende von "Casablanca" zu dem französischen Offizier, als beide in die Nacht hinausgehen. Ein offenes Ende. Auch bei Borsalino hoffen die Mitarbeiter - und nicht nur die - dass noch etwas geht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: