Boni-Streit:Wer ist hier anständig?

Ex-Deutsche-Bank-Chef Ackermann will nicht auf die Vergabe von Boni verzichten, um Kollegen nicht unter Druck zu setzen. Bundesfinanzminister Schäuble überzeugt das überhaupt nicht - Vorhang auf für einen Streit, der es in sich hat.

Von Andrea Rexer

Während Normalbürger anhand der Höhe ihres Gehalts bemessen, was sie sich leisten können, ist es bei Top-Managern und Politikern eher eine Messlatte für das Ego (auch wenn Letztere nicht so offen darüber sprechen dürfen). Vielleicht ist so der Ton zu erklären, der die Boni-Frage bei der Deutschen Bank zu einer persönlichen Posse zwischen Finanzminister Wolfgang Schäuble und dem früheren Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann eskalieren ließ.

Nachdem die SZ vergangene Woche berichtete, dass die Deutsche Bank versucht, Boni-Zahlungen in Millionenhöhe von mehreren früheren Managern einzufordern, erklärte Ackermann auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel: Er könne gar nicht öffentlich auf die Boni verzichten. Aus Rücksicht auf die Kollegen nämlich. Zwar sei er auf die Millionen nicht angewiesen, doch verzichte er, würde das die Kollegen unschön unter Druck setzen. Eine Frage des Anstands also.

Diese Erklärung hat den Bundesfinanzminister nicht sonderlich überzeugt. Die Begründung von Ackermann sei wohl eher etwas für Fastnacht oder den Karneval, frotzelte Schäuble bei einer Konferenz der dpa. "Leider ist das kein Witz, sondern es ist zum ... "

Ackermann wiederum empfand diese Worte von Schäuble alles andere als fastnacht-tauglich. "Herr Schäuble findet es offenbar gut, Kollegen oder ehemalige Kollegen öffentlich bloßzustellen", ließ er über seinen Sprecher mitteilen. "Ich habe ein anderes Verständnis von Anstand."

Deutsche Bank CEO Ackermann and German Finance Minister Schaeuble address news conference in Berlin

Josef Ackermann und Wolfgang Schäuble streiten um Millionen.

(Foto: Tobias Schwarz/Reuters)

Wer am Ende das letzte Wort hat, ist in dieser Sache noch offen. Einiges spricht jedoch dafür, dass Schäuble nicht lockerlassen wird. Seinen Kampf gegen hohe Banker-Boni hat er auch Jahre nach der Finanzkrise nicht aufgegeben. Gerade bereitet die ihm unterstellte Finanzmarktaufsicht Bafin eine Änderung der Vergütungsordnung für Banken vor: Ab Januar sollen auch solche Boni zurückgefordert werden können, die bereits ausbezahlt wurden. "Claw back" heißt das und wurde von der europäischen Bankenaufsicht EBA empfohlen. Bisher gilt so etwas in Deutschland als juristisch nicht durchsetzbar.

Während sich also zwei streiten, freut sich auch in diesem Fall ein Dritter: Anshu Jain. Denn eigentlich steht der Brite im Zentrum des Boni-Streits. Aus der Riege der Ex-Chefs hat Jain mit Abstand die höchsten Boni eingestrichen, denn er war jahrelang Chef des Investmentbankings. Konsequenterweise versucht die Bank von ihm die höchste Summe einzutreiben. Doch während sich der Brite in vornehmes Schweigen hüllt, fallen die Scheinwerfer nun auf Josef Ackermann.

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