Börsenwert sinkt:Aktionäre ärgern Apple

Seit Monaten kennt der Kurs der Aktie nur eine Richtung: höher, immer höher. Dazu meldet Apple Rekordgewinne. Nun hat die Aktie einen deutlichen Dämpfer erlitten, die Aktionäre schickten den Kurs unter die Marke von 600 Dollar. Warum?

Bastian Brinkmann

Ron Wayne ist berühmt für eine kapitale Fehleinschätzung. Die Finanzwelt lacht noch heute über den Investmentfehler, den der Ingenieur 1976 machte: Er verkaufte seinen zehnprozentigen Anteil an einer erst vor wenigen Tagen gegründeten IT-Bude, weil er den Glauben an das Projekt verloren hatte. Für 800 Dollar. Pech für Wayne: Die Firma heißt Apple und ist heute das wertvollste Unternehmen der Welt. Würde er jetzt noch ein Zehntel an Apple besitzen - er wäre Multi-Milliardär.

Statt dessen ist Wayne, der mit den Apple-Gründern Steve Jobs und Steve Wozniak nur ein paar Tage zusammenarbeite, heute ein einfacher Senior. Er wird immer wieder gefragt, wie er seinen damaligen Entschluss verkraftet. "Was soll ich sagen?", antwortet er in solchen Momemten. "Man trifft eine Entscheidung, weil man die Lage entsprechend eingeschätzt hat. Und dann lebt man halt damit. Das ist das Beste, was man machen kann. Man kann das Gestern nicht ändern."

In den vergangenen Tagen, pünktlich zum Jahrestag des Wayne-Verkaufs, gehen viele Investoren offenbar seinen Weg nach, etwas zumindest: Apple-Aktien wurden massiv verkauft. Der Kurs sank an fünf Tagen in Folge, zeitweise unter 580 Dollar. Denken die Investoren wie damals Wayne?

Zwar gibt es eine Reihe von Risiken für Apple. Der Konzern ist in teure Patent-Streite verwickelt, mit offenem Ausgang. Das neue iPad könnte sich weniger sensationell verkaufen als zuletzt noch das neue iPhone. Um weiterhin Rekordgewinne zu melden, halten einige Investoren außerdem neue iProdukte für nötig, die den Markt aufmischen. Ob Apple aber etwa das Fernsehen so revolutionieren kann wie das Handy- und Tabletgeschäft, ist ungewiss. Es gibt also tatsächlich eine Gruppe von Anlegern, die dem Laden nicht mehr zutrauen, weiter abzuräumen.

Doch die Erfolge von Apple strahlen für andere noch zu deutlich. An diesem Dienstag stieg der Kurs im US-Handel bereits wieder. Anfang des Jahres meldete der Konzern einen Rekordquartalsgewinn, 13 Milliarden Dollar - diese Größenordnung schaffen nur Ölkonzerne. Zudem besitzt Apple Barreserven von 100 Milliarden Dollar, von denen nun ein Teil als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet wird. In einer Woche legt Apple neue Zahlen vor.

So werden viele nur verkauft haben, um Gewinne mitzunehmen. Denn der Apple-Kurs ist gerade in letzter Zeit enorm gestiegen: Allein in den vergangenen sechs Monaten von rund 400 auf 600 Dollar, 50 Prozent plus in einem halben Jahr - eine Traumrendite für die Investoren. Anders als für Wayne 1976. So richtig Profit hat der mit seinem 800-Dollar-Verkauf nicht gemacht. Seine Rente investiert er heute übrigens in eine Briefmarkensammlung.

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