Börsenspekulation:Milliarden-Wette gegen die Deutsche Bank

Mehrere Hedgefonds setzen viel Geld auf weiter fallende Kurse - obwohl die Aktie ohnehin schon so billig ist wie noch nie.

Von Stephan Radomsky

Geht es nach einigen internationalen Hedgefonds, ist die Talfahrt der Deutschen Bank längst nicht zu Ende. Sie glauben an noch weiter fallende Aktienkurse - und verwetten eine Menge Geld darauf. So haben mindestens vier Hedgefonds sogenannte Leerverkaufs-Positionen von zuletzt insgesamt 5,07 Prozent der Deutsche-Bank-Aktien aufgebaut, wie aus Pflichtmeldungen im Bundesanzeiger hervorgeht. Den aktuellen Kurs zugrunde gelegt, ergibt sich daraus ein Volumen von gut einer Milliarde Euro.

Dass Investoren die riskante Wette auf fallende Kurse eingehen, ist an sich weder ungewöhnlich noch unmittelbar gefährlich für die Deutsche Bank. Das Ausmaß, das diese Wetten inzwischen angenommen haben, dürfte in Frankfurt aber schon für Unruhe sorgen. Ohnehin ist die Aktie der Deutschen Bank derzeit rekordverdächtig billig, allein seit Jahresbeginn hat sie 40 Prozent an Wert verloren. Dass professionelle Anleger mit solch hohem Einsatz auf einen weiteren Kursverfall wetten, ist ein klares Zeichen: Die Bank, so ihre Einschätzung, hat ihre Krise noch längst nicht ausgestanden. Im Gegenteil, selbst bei einem Kurs von derzeit deutlich unter zehn Euro soll noch Luft nach unten sein. Zu ihren besten Zeiten, vor der Finanzkrise, war eine Aktie des größten deutschen Geldinstituts fast neunmal so viel wert.

Mit Leerverkäufen versuchen Investoren, über einen kleinen Umweg von fallenden Kursen zu profitieren. Dazu leihen sie sich für einen gewissen Zeitraum gegen Gebühr Wertpapiere, etwa Aktien, und verkaufen sie an der Börse. Fällt der Preis des jeweiligen Papiers daraufhin tatsächlich, können diese günstiger wieder eingekauft und dem Verleiher zum vereinbarten Termin zurückgeben werden. Die Differenz kassiert der Investor, je stärker der Kursrutsch, umso höher der Gewinn. Steigt der Kurs dagegen in der Zwischenzeit, ist die Wette verloren, der Rückkauf kostet mehr, als der Verkauf eingebracht hat.

Das Risiko deutlich steigender Kurse halten die beteiligten Hedgefonds im Fall der Deutschen Bank aber offenbar für nicht allzu groß. Jedenfalls kommt das Frankfurter Geldhaus seit Wochen nicht zur Ruhe. Erst wurde Christian Sewing im April ziemlich holprig als Nachfolger von John Cryan auf dem Chefsessel der Bank installiert, kurz darauf wurde eine peinliche Fehlüberweisung von 28 Milliarden Euro in Folge einer IT-Panne bekannt, außerdem sollen Tausende weitere Jobs gestrichen werden und die Bank fiel im Stresstest der US-Notenbank Fed durch. Zudem könnte sie schon bald aus dem prestigeträchtigen Euro-Stoxx-50-Index absteigen, der 50 große börsennotierte Konzerne der Eurozone versammelt. Und der Aktienkurs?

Fällt und fällt (siehe Grafik). Angesichts der Schwierigkeiten holte sich Sewing zuletzt sogar die Berater des eigenen Großaktionärs Cerberus als Unterstützung für die Sanierung ins Haus. Die gelten nicht gerade als zimperlich, wenn es um schmerzhafte Einschnitte geht. Und ganz nebenbei darf Cerberus für die Dauer des Mandats selbst nicht mit Aktien der Deutschen Bank handeln. Zumindest von dieser Seite herrscht bis auf Weiteres also Ruhe.

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