Börsengang der Deutschen Bahn:Machtprobe um Bonuszahlungen

Verkehrsminister Tiefensee fordert vom Bahnvorstand, auf Extra-Honorare für den Börsengang zu verzichten.

Michael Bauchmüller und Klaus Ott

Im Streit um die beim Börsengang der Deutschen Bahn (DB) geplanten Sonderzahlungen für den Vorstand gerät Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) in Bedrängnis. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung waren einige SPD-Fachpolitiker und auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) in die Pläne eingeweiht, dem Bahnvorstand bei der teilweisen Privatisierung des Staatsunternehmens Bonuszahlungen zu garantieren.

Börsengang der Deutschen Bahn: Bahn-Chef Hartmut Mehdorn freut sich auf den Börsengang.

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn freut sich auf den Börsengang.

(Foto: Foto: dpa)

Tiefensee dagegen, dessen Staatssekretär Matthias von Randow als einziger Vertreter des Bundes im zuständigen Personalausschuss des Aufsichtsrates saß, erfuhr von den dort bereits vor vier Monaten ausgehandelten Tantiemen erst vorige Woche. Anschließend versuchte er in einem Telefonat mit Bahn-Aufsichtsratschef Werner Müller, die Sonderhonorare nachträglich zu kippen.

Der frühere Bundeswirtschaftsminister Müller verwahrte sich aber gegen politische Vorgaben und ließ Tiefensee abblitzen. "Hier zählt das Leistungsprinzip und sonst gar nichts", sagte Müller am Montag der SZ. "Für gute Arbeit beim Börsengang gibt es gutes Geld, für durchschnittliche Arbeit weniger und für schlechte Arbeit gar nichts."

Die Bundestagsfraktion der Grünen beantragte eine gemeinsame Sondersitzung des Haushalts- und Verkehrsausschusses, um "lückenlos" Auskunft über die Tantiemen zu erhalten. Tiefensee, von Randow und Bahnchef Hartmut Mehdorn sollten dem Parlament ausführlich berichten, was es mit den Bonuszahlungen auf sich hat.

Nach SZ-Informationen sollen die Bahnvorstände selbst dann eine Sonderzahlung erhalten, wenn der Börsengang nur 3,5 Milliarden Euro einspielen würde. Banken waren zuletzt noch von einem wesentlich höheren Ergebnis der Aktion ausgegangen.

Demnach hätte der Verkauf eines Anteils von 24,9 Prozent an den Transportgesellschaften der Bahn mindestens 4,2 bis 4,5 Milliarden Euro erbringen sollen. Die Bahn hatte den Börsengang Mitte Oktober vorerst abgesagt, vor allem auf Druck von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Anschließend war bekannt geworden, dass die Banken den erwarteten Erlös deutlich heruntergeschraubt hatten. Angesichts der Finanzkrise hätten die Bahn-Anteile kaum noch vier Milliarden Euro eingebracht.

Tiefensee forderte den Bahnvorstand nun auf, freiwillig auf die Boni zu verzichten. Dies sei die "beste Lösung", sagte ein Sprecher. "Wir erwarten, dass sich Aufsichtsrat und Vorstand ihrer Verantwortung bewusst sind, dass das Unternehmen zu 100 Prozent im Besitz der Bürger und Steuerzahler ist."

Die vom Aufsichtsrat mit dem Bahnvorstand ausgehandelten Sonderhonorare sind gestaffelt. Neben Mehdorn sollten auch die sieben weiteren Vorstände der DB in den Genuss von Tantiemen kommen, darunter Ex-Gewerkschafts-Chef Norbert Hansen, der erst im Frühjahr zum Konzern gewechselt war. Vorgesehen sind Tantiemen ab Börsenerlösen von 3,5 Milliarden Euro. Mehdorn bekäme nach Angaben aus Bahnkreisen selbst bei diesem Erlös noch 150000 Euro Bonus, Finanzvorstand Diethelm Sack 130000 Euro.

Bei Börsenerlösen zwischen 4,5 und fünf Milliarden Euro erhielte Mehdorn 600000 Euro, der gesamte DB-Vorstand vier Millionen Euro. Die höchsten Sonderhonorare sind für Aktienerlöse von mehr als sieben Milliarden Euro vorgesehen. Auch in diesem Fall soll Mehdorns Tantieme noch unter einer Million Euro liegen. In Aufsichtsratskreisen heißt es, der Gang an die Börse werde nur erfolgen, wenn mindestens zwischen vier und fünf Milliarden Euro zu erzielen seien. Einnahmen von sieben Milliarden Euro und mehr seien "absolut unrealistisch".

Aus dem Kontrollgremium der Bahn war am Montag auch zu erfahren, beim Beschluss über die Sonderhonorare seien neben der Bundesregierung auch die größte Bahngewerkschaft, die Transnet, und Konzernbetriebsratschef Günter Kirchheim eingebunden gewesen. Die Verträge mit den Vorständen seien bindend und könnten nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dazu gebe es auch keinen Anlass. Das habe Chefaufseher Müller dem Verkehrsminister Tiefensee deutlich gesagt, als dieser sich Anfang vergangener Woche in einem halbstündigen Telefonat heftig beschwert habe.

Für Tiefensee ist der ganze Vorgang sehr ärgerlich. Eigentlich hätte sein Staatssekretär ihn über die Entscheidung informieren müssen. Auch im Ministerium selbst wird nun der Rücktritt von Staatssekretär Randow gefordert. Ob es dazu kommen wird, blieb unklar.

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