Smart Home:Bluetooth kann mehr als nur Smartphone

Smart Home: Menschen fotografieren sich per Selfie-Stick. Der Auslöser im Stab arbeitet mit Bluetooth.

Menschen fotografieren sich per Selfie-Stick. Der Auslöser im Stab arbeitet mit Bluetooth.

(Foto: Ed Jones/AFP)

Bei Smartphones gehört Bluetooth zur Standardausstattung. Jetzt soll der Funkstandard auch Einzug ins vernetzte Zuhause halten.

Von Helmut Martin-Jung

Menschen, die ohne Telefon-Knopf im Ohr nicht sein können, nutzen ihn schon lange, Handynutzer im Auto (hoffentlich) auch und ebenso die Besitzer von smarten Uhren: Der Funkstandard Bluetooth hat sich etabliert, oder, wie Mark Powell von der Bluetooth Special Interest Group (SIG) sagt: "Fast jedes vernetzbare Geräte beherrscht heute Bluetooth."

Allein in diesem Jahr werden etwa drei Milliarden Geräte verkauft werden, die über Bluetooth kommunizieren können. Vor allem sind das natürlich Smartphones, es gibt kaum noch welche ohne den entsprechenden Funkchip. Doch der Bluetooth- Interessenverband, dem weltweit etwa 25 000 Firmen angehören, hat noch viel mehr vor mit dem Funkstandard.

Im Smart Home ist Bluetooth noch nicht weit verbreitet

Besonders im Wachstumsmarkt des Internets der Dinge wollen die Bluetooth-Verfechter stärker werden. Denn dort dominieren bisher andere Standards wie etwa Zigbee. Vor allem, wenn es um das vernetzte Heim geht, hat das Erfolgsmodell Bluetooth noch Nachholbedarf. So fehlt ihm beispielsweise eine Funktion, bei der die einzelnen Sender sich auch untereinander verbinden und so ein Signal weiterreichen können in einem sogenannten Mesh-Netz. So könnten dann beispielsweise die Gäste im Hotel ihr Zimmer mit dem Smartphone öffnen, die Türen müssten aber nicht alle einzeln mit dem Computer an der Rezeption verbunden sein, sondern könnten die nötigen Informationen einfach über das Mesh-Netz weiterreichen. Das würde den Einbau, aber auch den Unterhalt der smarten Tür-Öffner erleichtern.

Potenzial für die Technik sieht Powell auch am Bau. "Lichtschalter kann man künftig überall anbringen", sagt er, "es muss dafür ja nichts mehr verkabelt werden." Das sei nicht bloß bequem, sondern spare auch Zeit und Geld. Damit solche Schalter nicht ständig neue Batterien brauchen, wird auch daran gearbeitet, den vor wenigen Jahren eingeführten Standard Bluetooth Low Energy zu verbessern. Wie der Name schon sagt, geht es darum, möglichst energieeffizient zu arbeiten.

Von einem noch effizienteren Verfahren könnten vor allem Gerätschaften profitieren, die möglichst lange ohne Batteriewechsel halten sollen oder bei denen ein Batteriewechsel schwierig oder unmöglich ist. Es gibt auch Forschungsprojekte, bei denen versucht wird, die nötige Energie über kleine Solarzellen zu gewinnen.

Per Bluetooth das Licht ausknipsen

Kurze Informationen wie "Licht aus" sollen mit dem verbesserten Standard sehr energiesparend übermittelt werden. Andererseits soll es auch möglich werden, über den Niedrig-Energie-Standard Sprache oder Musik zu übertragen. Bisher geht das nur mit dem energiehungrigeren herkömmlichen Bluetooth-Standard. Interessant wäre eine energiesparendere Übertragung zum Beispiel für Hörgeräte, in die ja nur sehr kleine Batterien passen.

Damit man die vernetzten Geräte im Haushalt auch von außerhalb erreicht, wird zudem daran gearbeitet, Bluetooth auf Internet-Router zu bringen, die kleinen Geräte also, die zu Hause für die Anbindung ans Internet sowie für drahtloses Netz sorgen. Dabei will der Interessensverband auch darauf achten, dass Sicherheitsstandards wie etwa Verschlüsselung eingehalten werden.

Allerdings ist Bluetooth nicht der einzige Standard - auch andere wollen vom erwarteten Geschäft mit dem Internet der Dinge profitieren. Die Wi-Fi-Alliance etwa, eine Vereinigung von Firmen, die auf den Wlan-Standard setzen, hat erst kürzlich einen Gegenentwurf zu den kleinen, "Beacon" (Leuchtturm) genannten Sendern vorgestellt, mit denen via Bluetooth zum Beispiel Kunden innerhalb von Gebäuden erfasst und geleitet werden sollen.

Neue Geräte sollen noch genauer erfassen, wo sich ein Kunde im Laden aufhält

Die Bluetooth-Gruppe hält dagegen, indem sie ihr System aufbohrt. Es soll künftig noch erheblich genauer erfassen, wo genau sich eine Kunde mit der entsprechenden App auf seinem Handy im Geschäft befindet. Sogar der Winkel, in dem er zu dem kleinen Sender im Laden steht, soll dabei gemessen werden können und ebenso, ob er sich auf den Sender zubewegt oder von ihm weg. Auch die Beacons sollen künftig über die Mesh-Funktionen miteinander kommunizieren können.

Der Bluetooth-Standard wurde bereits in den 1990er-Jahren entwickelt. Der ungewöhnliche Name geht zurück auf den dänischen König Harald Blauzahn (englisch Harald Bluetooth), der Teile von Norwegen und Dänemark vereinte, die miteinander im Zwist lagen. Um Zusammenarbeit und Verbindungen geht es auch bei dem Funkstandard, der nur für kurze Distanzen vorgesehen ist. Die Firmen Ericsson, Nokia, IBM, Toshiba und Intel haben die Bluetooth Special Interest Group 1998 gegründet, um ein Mittel zu schaffen gegen den zunehmenden Kabel-Wirrwarr rund um Computer.

Die meisten Laptops und Smartphones haben Bluetooth bereits integriert. An Computern, denen dieser Chip fehlt, kann man mit einem kleinen Stummel für den USB-Anschluss nachhelfen. Im Auto wird Bluetooth eingesetzt, um Handys mit dem Entertainment-System zu verbinden. Die Mobiltelefone lassen sich dann über die Bildschirme des Autos steuern und geben auch den Ton über die Lautsprecher des Autos aus. Smartphones können auf diese Weise auch als Musik-Zuspieler genutzt werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: