Bitcoin-Hype:Bundesbank warnt vor Bitcoin: "Riskante Spekulation"

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Wer neue Bitcoins erzeugen will, braucht möglichst viele Server. Hier in Ordos in China versucht die Firma Bitmain Technologies ihr Glück.

(Foto: Qilai Shen/Bloomberg)

Das Cyber-Geld sei keine Währung, sagt Bundesbanker Carl-Ludwig Thiele, denn - kaum jemand kaufe wirklich damit ein.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Mit Carl-Ludwig Thiele kann man lange über die Schönheit der alten 5-D-Mark-Scheine plaudern. Der für Zahlungsverkehr zuständige Bundesbankvorstand erzählt dann auch gerne, dass in Deutschland immer noch rund 13 Milliarden D-Mark in Umlauf sind. Doch in diesen Tagen muss sich Thiele mit einer Währung beschäftigen, die es auf Papier gar nicht gibt: der Kryptowährung Bitcoin. Deren Wert ist zuletzt über 11 000 Dollar geklettert - von 850 Dollar zu Jahresanfang. Profis und Privatanleger sind ganz kirre angesichts dieser Preissteigerung. Entsteht da gerade eine neue globale Währung?

Bundesbanker Thiele winkt ab. "Der Bitcoin ist eine spekulative Anlage", sagte er im Gespräch mit der SZ. Von einer echten Währung könne man nicht sprechen. Bitcoin würden nämlich nur selten dazu genutzt, Waren und Dienstleistungen zu bezahlen. "Die Besitzer horten ihre Bitcoins und hoffen auf Wertsteigerungen - das ist eine riskante Spekulation", warnt Thiele.

Ist der Bitcoin gar stabiler als der Euro?

Die Schaffung von Geld war bislang ausschließlich eine Sache der Zentralbanken. Jetzt bringen Technologie-Freaks neue, digitale Zahlungsmittel auf den Markt, darunter Bitcoin. Der Zeitpunkt ist pikant, denn die Währungshüter haben wegen ihrer lockeren Geldpolitik bei einigen Menschen Vertrauen verloren. Notenbanker haben in der letzten Dekade Geld in Billionenhöhe in das Finanzsystem gepumpt, einfach so, aus dem Nichts. Das besorgt manche Leute.

Sie sagen: Bitcoins könnten nicht unbegrenzt geschaffen werden, Euro und Dollar theoretisch aber schon. Ist der Bitcoin gar stabiler als der Euro? Wohl kaum, denn der Preis ist allein in diesem Jahr um mehr als 1000 Prozent angestiegen, zugleich droht auch immer ein Preissturz: Gerade verlor Bitcoin in kurzer Zeit 21 Prozent, um sich dann wieder zu erholen. Wertstabilität sieht anders aus. Bundesbanker Thiele vermisst die reale Verankerung bei Digital-Währungen, deren Schürfprozess zum Teil nach dem Belieben einer kleinen Gruppe geändert oder neu konzipiert werden könnte.

Zudem fehle es an einer transparenten Kontrolle. Bitcoin wurde 2008 von einem Programmierer mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto entwickelt. Es war anfangs ein Thema für Insider. Der Hype begann 2013. Der Kurs stieg in zwölf Monaten von 20 auf 1200 Dollar. Bis Mitte 2015 sank der Preis auf 200 Dollar. Danach ging es fast nur noch aufwärts. Bitcoin wird von den Nutzern kontrolliert, die sie schaffen. Es gibt fast keine Regulierung. Ermittler befürchten, dass Bitcoin zur Geldwäsche eingesetzt wird. Mitunter werden Plattformen gehackt und Bitcoins gestohlen.

"Diese Freiheit dürfen wir nicht verlieren"

Viele Deutsche haben ganz konkrete Erwartungen, wie ihr Geld auszusehen hat. Eine digitale Währung wie Bitcoin passt selten ins Bild. Hierzulande steht das Bargeld noch hoch im Kurs. Thiele weiß das. "Bei dieser Debatte wird häufig vergessen, dass die Deutschen beispielsweise ihre Miete, ihre Steuer, die Rechnung der Stadtwerke, ihr Gehalt oder ihre Rente per Überweisung - also bargeldlos - abwickeln", sagte der Bundesbankvorstand. Daran störe sich auch niemand. "Aber vor allem im Handel möchten viele Deutsche weiter bar bezahlen, ich auch. Diese Freiheit dürfen wir nicht verlieren", so Thiele.

Für Misstrauen sorgte die jüngste Debatte um die mögliche Abschaffung des Bargelds. Amerikanische Wirtschaftswissenschaftler brachten die Idee auf. Man könne Menschen in einem bargeldlosen System praktisch zwingen, ihr Geld auszugeben, um so die Wirtschaft anzukurbeln. "Wenn Leute anfangen, über die Abschaffung von Bargeld zu diskutieren, reagieren die Menschen besorgt. Zu Recht, denn sie haben das Geld erarbeitet. Es ist ihr Geld", sagte Thiele. Die Bundesbank sei sowohl gegen ein Bargeldverbot, als auch gegen eine Obergrenze für die Bezahlung mit Bargeld. "Mir ist kein Land in der EU bekannt, in dem die Kriminalität abgenommen hätte, seit dort eine Obergrenze für Bargeldzahlungen eingeführt wurde."

Der frühere FDP-Abgeordnete Thiele ist seit knapp acht Jahren im Amt. Im kommenden Frühjahr läuft sein Vertrag aus. Eine Verlängerung wäre möglich. "Meine Aufgabe im Vorstand der Deutschen Bundesbank macht mir nach wie vor viel Freude", sagt Thiele. Aber nach 27 Jahren Pendeln von Bonn, Berlin und Frankfurt in die Heimatstadt Osnabrück, "müsste ich das erst mal mit meiner Familie besprechen." Das Thema Bitcoin dürfte ihn dann weiter umtreiben. In einer Rede warnte Thiele am Donnerstag, dass vom digitalen Geld erhebliche Konsequenzen für das Finanzsystem und die Finanzstabilität ausgehen könnten, die seien aus heutiger Sicht nicht abschätzbar.

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