Bio-Richtline:Ärger auf dem Acker

Die Agrarminister der EU einigen sich auf neue Regeln für Bio-Lebensmittel. Der Streit aber bleibt.

Von Markus Balser, Berlin

Die EU-Landwirtschaftsminister haben sich im Grundsatz auf neue Regeln für Bio-Produkte geeinigt. Nach zähen Verhandlungen segnete die Mehrheit der europäischen Agrarminister am Dienstag in Luxemburg einen Kompromissvorschlag für Bio-Lebensmittel ab. "Wir kommen der Verbesserung des Schutzes des Verbrauchers sehr viel näher", urteilte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in der öffentlichen Sitzung. Im strittigsten Punkt setzte sich die Linie der Bundesregierung durch. Schadstoff-Grenzwerte, etwa für Pestizide, speziell für Öko-Waren soll es auch künftig nicht geben. In Deutschland etwa gelten hier die gleichen Obergrenzen wie für andere Nahrungsmittel auch, allerdings müssen Bio-Bauern bei der Produktion strengere Regeln einhalten als konventionelle Landwirte. Auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hatte das im Vorfeld gefordert. Öko-Landwirte argumentieren, sie müssten gar nicht selbst für Schadstoffe in ihren Produkten verantwortlich sein, wenn etwa auf Nachbarfeldern konventioneller Landwirte mit Schadstoffen gearbeitet wird und Reste in eigenen Produkten landen.

Dem Kompromiss muss noch das EU-Parlament zustimmen

Mit Auflagen und Kontrollen will die Politik sicherstellen, dass Verbraucher weiter davon ausgehen können, dass Bio-Lebensmittel weniger mit Schadstoffen belastet sind. Denn angesichts des Booms bei Bio-Produkten wächst die Sorge, dass Produzenten oder Importeure tricksen und Abnehmern Produkte unterjubeln, die gar nicht "bio" sind. Nach der Reform sollen Betriebe weiter einmal im Jahr kontrolliert werden. Die Prüfungen sollen künftig stärker nach Risiken ausgerichtet werden: "Art und Häufigkeit der amtlichen Kontrollen werden auf der Grundlage der Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes festgelegt", heißt es in dem Papier. Kritiker werfen den Agrarministern vor, die Richtlinien für Bio-Produkte mit der Entscheidung vom Dienstag aufzuweichen. Mehrere Länder hatten gefordert, statt so genannter Prozesskontrollen für Unternehmen die Bio-Produkte selbst stärker zu kontrollieren. Es müsse die Möglichkeit bestehen, Biozertifikate beim Vorkommen von Rückständen zu entziehen, sagte etwa Belgiens Landwirtschaftsminister Willy Borsus in Luxemburg - völlig unabhängig davon, wer für die Rückstände verantwortlich sei. "Der Verbraucher zahlt ja auch mehr dafür, er hat sich bewusst dafür entschieden", sagte Borsus weiter. Belgiens Position setzte sich nicht durch. Für Borsus Regierung und weitere Länder mit eigenen Öko-Grenzwerten vereinbarten die Minister eine Übergangszeit. In der dürfen diese Länder ihre eigenen strengeren Vorgaben aufrecht erhalten. Allerdings nur für eigene Produkte, nicht für Importe aus dem Ausland. Ab 2021 soll dann EU-weit der beschlossene Kompromiss gelten, der heute schon in Deutschland praktiziert wird.

Die Auseinandersetzung über die Reform dürfte indes weiter gehen. Denn in einem zweiten Schritt müssen sich die Agrarminister mit ihrem Kompromissvorschlag nun noch mit dem EU-Parlament einigen. Diese Beratungen beginnen erst. Mehrere Regierungen machten am Dienstag bereits klar, dass sie weitere Reformen am Regelwerk und Änderungen am Kompromisspapier wünschen.

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