Bilfinger Berger: Roland Koch:1,5 Millionen Euro und ein Geschmäckle

Roland Koch soll Chef des Baukonzerns Bilfinger Berger werden. Dabei profitiert das Unternehmen von einem Projekt, für das Koch als hessischer Ministerpräsident massiv kämpfte.

D. Deckstein und M. Widmann

Noch herrscht einiges Rätselraten über eine der wohl interessantesten Personalien des Jahres: Wird der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) tatsächlich Chef des Mannheimer Bau- und Dienstleistungskonzerns Bilfinger Berger? Fest steht nur eines: Einen Vorstandsvertrag, wie mancherorts kolportiert, wird der 52-Jährige am Freitag definitiv nicht unterschreiben. Bis der ausgehandelt ist, gehen gewöhnlich mehrere Monate ins Land. Aber derzeit spricht immerhin einiges dafür, dass sich der zwölfköpfige Aufsichtsrat der Bilfinger Berger SE am Freitag für Roland Koch als Nachfolger des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Herbert Bodner, 62, entscheiden wird.

Roland Koch

Beim ersten Spatenstich für die neue Landebahn des Frankfurter Flughafens steuerte Roland Koch im Mai 2009 einen Bagger. Bald hat er womöglich in einer neuen Funktion mit diesem Projekt zu tun.

(Foto: dpa)

Hier und dort wird zwar etwas die Nase gerümpft über den mangelnden Branchen-Stallgeruch des Juristen und Politikers Koch, aber Herbert Bodner hatte selbst einmal gesagt: "Mein Nachfolger muss kein Bauingenieur sein." Das dürfte auch Bernhard Walter, 68, so sehen, der Chef des Bilfinger-Aufsichtsgremiums, als dessen Favorit Koch gilt. Für Marketing, Akquise, Menschenführung muss ein Bilfinger-Chef nicht mit der Maurerkelle in der Hand herumlaufen. Zudem kennen sich der frühere Chef der Dresdner Bank und der hessische Ex-Ministerpräsident seit vielen Jahren gut.

Dabei kann man Roland Koch eine gewisse Leidenschaft fürs Bauen nicht absprechen. Ob beim Umbau der Wiesbadener Staatskanzlei oder beim Neubau der Hessischen Staatsweingüter, der damalige Ministerpräsident ging da stets aktiv und engagiert an seine Bauherrnrolle. Als im August - also noch vor seinem tatsächlichen Rückzug aus dem Amt - die ersten Gerüchte kursierten, er sei als Chef von Bilfinger Berger im Gespräch, erschien das als durchaus plausibel. Sie wurden damals als "Unfug" dementiert.

Dem Ministerpräsidenten war von Beratern streng eingeschärft worden, über seine Ambitionen öffentlich kein Wort zu verlieren - schon deswegen nicht, um andere potentielle Arbeitgeber nicht zu vergraulen. Die, so ist aus Kochs Umfeld zu vernehmen, standen schon seit seiner Rücktrittsankündigung im Mai Schlange, um ihn mit Angeboten zu ködern.

Die Dementi-Phase hielt nicht lange. Ende August sagte Koch in einem Interview: "Ein Ministerpräsident darf und manchmal muss er auch bauen. Ich habe viele Stellen vorgefunden, an denen Bauen notwendig war. Ich will aber gerne einfügen, dass es mir auch Spaß gemacht hat." Und bald kam heraus, dass Koch seine Ambitionen auch mit dem Bilfinger-Aufsichtsrat besprochen hatte.

Vor einer Woche bestätigte Aufsichtsratschef Walter, dass man neben anderen Kandidaten auch mit Koch im Gespräch sei. Je länger eine Personalie in der Gerüchteküche schmurgelt, desto nachteiliger ist das für alle Beteiligten. Am Freitag, so heißt es, werde es zumindest in der Causa Koch ein Ende mit der Gerüchterei haben. Dann stünde nur noch die Frage im Raum, ob sich Vorgänger Bodner, dessen Vertrag bis Ende Juli 2011 läuft, vorzeitig zurückzieht.

Scherze über Gehaltseinbußen

Schwierige Baustellen hinterlässt Bodner seinem Nachfolger kaum. Seit seinem Amtsantritt hat Bodner den zweitgrößten deutschen Baukonzern vom reinen Bau- zum Dienstleistungsunternehmen umgebaut. Der Konzern erwirtschaftet mit 68000 Mitarbeitern einen Umsatz von zehn Milliarden Euro, zu dem das Dienstleistungsgeschäft - die Wartung und Instandhaltung von Industrieanlagen - 20 Prozent beiträgt, aber schon die Hälfte zum Gewinn. Hoch- und Tiefbau-Aufträge hingegen kommen zum überwiegenden Teil von staatlichen Auftraggebern. Da kann ein Top-Manager mit besten politischen Kontakten einiges Know-how beisteuern.

Das gilt auch für die unangenehmste Baustelle von Bilfinger Berger, die Kölner U-Bahn. Dort stürzte Anfang vergangenen Jahres aus bis heute nicht geklärten Gründen das Kölner Stadtarchiv ein, zwei Menschen starben. Bodner hatte sich damals lange mit öffentlichen Äußerungen zurückgehalten und dafür viel Kritik einstecken müssen. Einem Profipolitiker wäre dieser Fehler wohl nicht passiert.

Konflikte ist Koch jedenfalls gewohnt. Kaum ein anderer Landeschef stand so unter Dauerbeschuss der Opposition wie er. Und auch jetzt monieren die hessischen Grünen, Kochs möglicher Wechsel zu Bilfinger Berger habe "ein Geschmäckle". Schließlich habe der Konzern mit einem 80-Millionen-Auftrag vom Bau der dritten Landebahn am Frankfurter Flughafen profitiert, von einem Projekt also, für das Koch engagiert gekämpft hat.

"Da drängt sich der Verdacht auf, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Regierungshandeln und dem Wechsel", sagt der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Mathias Wagner. Und auch die Antikorruptions-Organisation Transparency International wiederholt nun ihre Forderung: Politiker sollten nach ihrem Ausscheiden drei Jahre lang nicht in Firmen arbeiten, die mit ihrer früheren Arbeit im Zusammenhang stehen.

Koch dagegen erzählt gerne von seinen "amerikanischen Freunden", die diese Debatte nicht verstünden: In den USA sei es selbstverständlich, dass Politiker in die Wirtschaft und wieder zurück wechselten. Er wollte immer unabhängig sein, ein zweites Standbein haben, deshalb arbeitete er jahrelang als Anwalt. Die Geschäfte liefen gut. Wohl nur halb im Scherz beklagte er sich einst über die deutlichen Gehaltseinbußen, die er in seinen am Ende elf Jahren als Ministerpräsident hinnehmen musste.

Bald könnte Koch 1,5 Millionen Euro im Jahr verdienen - so viel jedenfalls bekam sein Vorgänger Bodner. Nur eines kann ihm Bilfinger Berger nicht bieten: Eine Bühne für seine Rauflust. Im Landtag zog Koch gerne in rhetorische Schlachten, im Wahlkampf ging er bis an die Grenzen der Zuspitzung, bisweilen auch weiter. Ein Konzernchef dagegen muss Wellen glätten, nicht erzeugen. So fragen sich manche Koch-Kenner, ob er die Politik nicht bald vermissen wird.

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