Betriebsratchefs von VW und Porsche:In Abneigung verbunden

Die Betriebsratschefs Uwe Hück von Porsche und Bernd Osterloh von VW kämpfen um Einfluss. Es ist ein Stellvertreterkrieg um die Macht im gemeinsamen Autokonzern.

Dagmar Deckstein

So frappierend sich die beiden kräftig gebauten, breitschultrigen Hünen mit den kahlrasierten Köpfen auch ähneln, der Graben zwischen den derzeit prominentesten deutschen Betriebsratschefs könnte tiefer nicht sein. Er wurde so recht sichtbar, als sie sich am vergangenen Mittwoch vor dem Ludwigsburger Arbeitsgericht begegneten.

Uwe Hück (Porsche) und Bernd Osterloh (VW)

Wenig herzhafter Händedruck und mit gequältem Lächeln: Uwe Hück (links) gibt seinem Kontrahenten Bernd Osterloh die Hand.

(Foto: Foto: AP)

Es war der Höhepunkt ihres schon seit Monaten währenden Streits. Im Saal des roten Backsteingebäudes würdigten sich die beiden Streithansel, getrennt durch einen Pulk Fotografen und Kameraleuten, zunächst keines Blickes. Bis dann Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück, 45, kurz vor Verhandlungsbeginn die Journalisten aufforderte, Platz zu machen: "Ich wollte eigentlich Bernd die Hand geben."

Bernd Osterloh, 50, der bald nicht mehr so mächtige Vorsitzende des VW-Betriebsrats, ergriff Hücks hingestreckte Rechte. Aber beide beließen es bei einem nur wenige Sekunden langen, wenig herzhaften Händedruck und setzten dabei ein so gequältes Lächeln auf, als seien sie soeben des leibhaftigen Klassenfeinds ansichtig geworden. Nur wenig später wies Richter Roland Kammerer den Antrag auf einstweilige Verfügung zurück, die der VW-Betriebsrat gegen die Mitbestimmungsvereinbarung der künftigen Porsche-Holding beantragt hatte.

So gesehen geht der frühere Profi-Thaiboxer Hück vorläufig als Sieger vom Feld, der gelernte Industriekaufmann Osterloh darf sich nach wie vor über den Tisch gezogen fühlen. Mehr noch: Wenn Porsche in absehbarer Zeit die Mehrheit an Volkswagen erworben hat und den Wolfsburger Konzern beherrscht, darf sich Uwe Hück dann wohl als einer der mächtigsten Betriebsratschefs der Republik betrachten.

Stellvertreterkrieg um die Macht

In der neuen Porsche Automobil Holding SE, eine Gesellschaft Europäischen Rechts, wird er in herausragender Position im Aufsichtsrat und im Betriebsrat sitzen und über die Geschicke der Tochtergesellschaft Volkswagen mitbestimmen. Bei den traditionell mächtigen VW-Belegschaftsvertretern löst die neue Macht aus dem Hause Porsche ähnliche Reflexe aus, als machte sich ein veritabler Heuschreck am Wolfsburger Konzern zu schaffen.

Das ist es auch, was VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und die 324000 Konzernbeschäftigten weltweit bis aufs Blut reizt. Sie sollen mit gleichviel Vertretern wie die 12.000 Porscheaner - je drei im Holding-Aufsichtsrat, je 20 im SE-Betriebsrat - in die Mitbestimmungsgremien einziehen. Das haben jedenfalls Hück, Vertreter der IG Metall Stuttgart und Porsche-Chef Wendelin Wiedeking in einem 37-seitigen Papier so ausgeheckt.

Was Osterloh so fuchst, dass nämlich die VW-Betriebsräte an diesen Mitbestimmungsverhandlungen bei Porsche nicht beteiligt wurden, ist formal völlig korrekt: Solange Porsche nur 31 Prozent an VW hält und nicht die Mehrheit, hatten VW-Arbeitnehmer in diesen Verhandlungen auch gar nichts zu suchen.

Und der kennte Hück schlecht, der nicht unterstellte, dass er seine Schäfchen beizeiten ins Trockene bringen würde. Hätte er sozusagen in vorauseilendem Gehorsam den VW-Beschäftigten entsprechend ihrer zahlenmäßigen Übermacht den Vortritt in den Mitbestimmungsgremien gelassen, hätten die Porsche-Betriebsräte sehen können, wo sie bleiben.

Diesem Stellvertreterkrieg der beiden Betriebsräte um die Macht im gemeinsamen Autokonzern schauen die anderen Akteure bisher eher wortlos zu. VW-Chef Martin Winterkorn dürfte den Ausgang des Machtgerangels der Arbeitnehmervertreter genauso interessiert verfolgen wie die Frankfurter Gewerkschaftszentrale der IG Metall, in der die beiden Kampfhähne Hück und Osterloh seit langem Mitglieder sind und einiges Gewicht wie Stimme besitzen. Allerdings in verschiedener Fraktionszugehörigkeit.

"Man kann Unternehmen nicht gegen die Belegschaft übernehmen"

Osterloh gilt als Anhänger des scheidenden Vorsitzenden Jürgen Peters, ein eingefleischter Traditions-Metaller des Betonflügels. Hück wiederum steht auf Seiten des designierten neuen Vorsitzenden Berthold Huber, der dem reformfreudigen Modernisiererflügel zugerechnet wird.

Huber und Peters sind sich in ähnlich herzlicher Abneigung zugetan wie derzeit Hück und Osterloh. Huber will es nun richten und hat die beiden Streithähne für den heutigen Dienstag nach Frankfurt zum klärenden Gespräch geladen.

Ob der schleichende, aber sichere Machtverlust des VW-Betriebsrats durch gutes Zureden und durch Zugeständnisse Wiedekings und Hücks noch aufzuhalten sein wird, ist mehr als unwahrscheinlich. Nur hat Osterloh wiederum auch nicht unrecht, wenn er ein ums andere Mal betont: "Man kann Unternehmen nicht gegen die Belegschaft übernehmen."

Verstöße gegen diese einfache Einsicht haben schon manche Fusion zum Misserfolg geführt. Hück hingegen weiß, wie man Salz in die Wunden des Kontrahenten mit eher linker Gesinnung reibt: "Wer sagt, dass eine Belegschaft mit 324.000 Mitarbeitern mehr wert ist als eine mit 12.000, der redet wie ein Kapitalist." Mal sehen, ob und wie Berthold Huber die Stiere vom Eis bekommt.

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