Betriebliche Altersvorsorge:Konkurrenz für die Assekuranzen

Angebote des Arbeitgebers könnten attraktiver als Versicherungs-Offerten sein.

Helmut Maier-Mannhart

(SZ vom 04.10.2001) - Die Versicherungswirtschaft macht Druck. So schnell wie möglich, so lautet ihre Empfehlung, sollten die Bürger ihre Verträge über den Aufbau einer privaten Altersversorgung abschließen.

Klar ist jedoch: Die Kunden sollten zumindest so lange abwarten, bis Angebote für die betriebliche Altersvorsorge auf dem Tisch liegen. Sie werden aller Voraussicht nach wesentlich interessanter sind als vieles von dem, was derzeit auf diesem Markt platziert wird.

In der Wirtschaft werden derzeit die Voraussetzung geschaffen, um jedem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, in seinem Betrieb oder mit Hilfe des Betriebs in die neue Form der privaten Altersvorsorge einsteigen zu können.

Zu diesem Zweck mussten in einigen Branchen Tarifverträge abgeschlossen werden, die eine Entgeltumwandlung zu Gunsten einer betrieblichen Altersvorsorge ermöglichen. Dies hat in der Chemie-, Metall- und Elektroindustrie stattgefunden, in anderen Zweigen gibt es schon entprechende Regelungen.

Sinn dieser Vereinbarungen ist es, jedem einzelnen Mitarbeiter, der sich für die betrieblichen Altersvorsorge entscheidet, ein entsprechendes Angebot unterbreiten zu können. Dies wird auch dann der Fall sein, wenn ein Unternehmen oder eine Branche kein eigenes Versorgungswerk auf die Beine stellen kann.

So haben die Tarifpartner in der Metallindustrie beispielsweise vereinbart, dass sie ihr Versorgungswerk für Interessenten aus anderen Branchen offen halten wollen.

Sowohl in der Chemischen Industrie als auch im Metall-Bereich sind Arbeitgeber und Gewerkschaften überein gekommen, dass sie nicht selbst die Träger sein wollen, sondern dass sie damit einen Finanzdienstleister betrauen wollen.

Dafür haben sie einen Pflichtenkatalog erstellt, der Gegenstand von Ausschreibungen ist. Die Bewerber müssen nunmehr ihre Angebote verlegen, aus denen dann derjenige mit der besten Offerte ausgewählt wird.

Ein maßgebliches Kriterium ist dabei ganz eindeutig die Höhe der Verwaltungskosten. Denn klar ist, dass die Tarifpartner ein großes Interesse daran haben, den Arbeitnehmer so gut wie möglich zu stellen. Vorbild ist dabei das Versorgungswerk der Presse, das Vertretern von Medienberufen offen steht und mit einem Verwaltungskostenanteil von rund fünf Prozent auskommt.

Auf etwa diese Höhe wird sich ein Anbieter einrichten müssen, wenn er zum Zuge kommen will.

Damit aber - und das wird der springende Punkt sein - ist die betriebliche Altersvorsorge wesentlich günstiger als vieles von dem, was die Versicherungen anbieten können.

Hier liegen die Verwaltungskosten nämlich selten unter 20 Prozent, manchmal sogar darüber. Dies ist nicht unbedingt deshalb der Fall, weil die Versicherungsunternehmen ihre Kunden ausbeuten wollen. Vielmehr haben sie ein ganz anderes Kostengerüst.

Allein der aufwändige Vertrieb mit Tausenden von Vertretern ist ein so massiver Kostenblock, dass eben wesentlich höhere Teile der Einzahlungen für die Verwaltung abgezweigt werden müssen.

Trügerische Hoffnungen

Für die Arbeitnehmer aber bedeutet dies, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit bei einer Anlage in Form der betrieblichen Altersvorsorge besser fahren, als wenn sie im privaten Bereich nach dem klassischen Riester-Rentenmodell aktiv werden.

Dies aber impliziert, dass die Versicherungen bei weitem nicht das Geschäft machen werden, das sie sich ursprünglich einmal von der Einführung einer kapitalgedeckten Altersvorsorge erwartet hatten.

Diese Meinung wird beispielsweise bei Adig-Investment vertreten, der Fondsgesellschaft der Commerzbank. Dort wird geschätzt, dass gut zwei Drittel der Mittel in die betriebliche Altersvorsorge fließen werden.

Dass dies voraussichtlich so kommen wird, hängt auch damit zusammen, dass die Arbeitgeber in Zukunft etwas zu der privaten Alterssicherung zuschießen dürften. Schon jetzt haben die Partner in der Chemischen Industrie dies vereinbart.

Auch der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Walter Kannengießer, hat derartiges nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern darauf verwiesen, dass eine Dotierung der Altersvorsorge durch die Arbeitgeber im Rahmen des bestehenden Verteilungsspielraums geschehen müsse.

Kommt es jedoch flächendeckend zu einer solchen Kostenteilung, dann wäre jede Anlage außerhalb der betrieblichen Versorgungswerke nicht sinnvoll.

Vor diesem Hintergrund ist auch klar, warum die Assekuranz so viel Druck macht und unbedingt schon jetzt ihre Policen an den Mann oder die Frau bringen will.

Wenn nämlich erst einmal von den verschiedenen Versorgungswerken Angebote vorliegen, dann wird sich schnell herausstellen, wer die besseren Konditionen bietet.

Deshalb sollte niemand sich jetzt schon zu einem entsprechenden Abschluss drängen lassen. Hier sollten vor allem die Betriebsräte in den Unternehmen aufklärend wirken.

Vor allem sollten alle wissen, dass es keinen Zeitdruck gibt. Wenn auch die neue Form der Altersvorsorge zum Jahresbeginn 2002 in Kraft tritt, so hat jeder doch das ganze kommende Jahr über Zeit, sich gründlich zu informieren und damit den günstigsten Anbieter zu finden.

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