Betonhersteller Godel:"Manipulationen auf den Lieferscheinen"

Der Stuttgarter Betonhersteller Godel soll Prüfer getäuscht haben. Falsch, sagt das Unternehmen. Es fühlt sich verfolgt - doch neue Papiere belasten die Firma.

Uwe Ritzer

Die Kontrolleure kündigten sich vorher an und wenn sie anrückten, schien alles in bester Ordnung zu sein. In den Silos der über Baden-Württemberg verstreuten Betonmischwerke der Stuttgarter Firma Godel lagerten nur solche Zusatzstoffe, die man zum Mischen von Beton braucht, der geltenden Baunormen entspricht. Auch die Unterlagen, welche die Prüfer des Baustoffüberwachungs- und Zertfizierungsverbandes Büv-Zert, einer Art Baustoff-TÜV, eingesehen haben, schienen die ordnungsgemäße Produktion zu bestätigen.

Betonhersteller Godel: Schrottbeton oder nicht? Die Baufirma Godel lieferte auch an die Stuttgarter Messe.

Schrottbeton oder nicht? Die Baufirma Godel lieferte auch an die Stuttgarter Messe.

(Foto: Foto: ddp)

Ermittlungen gegen den Inhaber

Doch was so korrekt aussah, war womöglich manipuliert. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung erhalten dadurch die Vorwürfe von Ex-Mitarbeitern neue Nahrung, wonach der größte Stuttgarter Betonhersteller über Jahre nicht normgerechten Beton hergestellt und falsch deklariert verkauft haben soll. Godel soll zudem Kontrolleure systematisch hinters Licht geführt haben.

Seit Monaten ermittelt in der so genannten "Schrottbeton-Affäre" die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen Firmeninhaber Stephan Godel, 40. Auf dem hart umkämpften Betonmarkt der Landeshauptstadt hat er sich binnen weniger Jahre zur Nummer 1 hochgekämpft. Mit niedrigsten Preisen, über deren Kalkulation die ganze Branche rätselt. Godel-Beton steckt in vielen Großbauten Baden-Württembergs, darunter den Museen von Porsche und Mercedes, sowie dem neuen Messegelände in Stuttgart. Ex-Mitarbeiter von Godel behaupten, bei der Produktion sei statt dem üblichen Zement billiges Kalksteinmehl beigemischt worden, was die Haltbarkeit des Betons erheblich einschränke.

Ob dies stimmt und wie minderwertig er tatsächlich war, ist noch offen. Nach anfänglich heftigen Dementis musste Godel inzwischen allerdings einräumen, eine Hausmischung fabriziert zu haben. Fachleute sagen, diese sei weder ordnungsgemäß zertifiziert noch zugelassen gewesen. Der Staatsanwalt untersucht zudem, ob Godel mehreren Bauherrn mehr Beton berechnet als geliefert hat.

Belastende Papiere

Ein bislang unter Verschluss gehaltenes Papier belastet den Unternehmer. Der SZ liegt eine von drei Teilnehmern unterzeichnete Protokollnotiz über ein Gespräch vor, das Godel am 12. Juni 2008 mit Vertretern des Überwachungsverbandes Büv-Zert geführt hat. Demnach soll Godel bei dem Treffen die Einsetzung von Kalksteinmehl und die Verwendung eines Bindemittels, das weder überwacht noch zertifiziert gewesen sei, eingeräumt haben. Von 2003 bis November 2007, als die Staatsanwaltschaft Godel-Anlagen durchsuchte, habe er dieses Bindemittel eingesetzt und damit seine Hausmischung hergestellt.

Besonders brisant ist das Gesprächsprotokoll jedoch an einer anderen Stelle. Detailliert soll Godel an jenem 12. Juni geschildert haben, wie er die in staatlichem Auftrag handelnden Überwacher des Baustoff-Überwachungsverbandes bei ihren Besuchen bewusst hinters Licht geführt habe. Demnach seien die Silos mit dem Kalksteinmehl kurz vor den Kontrollen geleert worden. Stattdessen habe man sie mit normgerechten Zement gefüllt. Godel soll ferner zugegeben haben, den Prüfern "gezielt ausgewählte Chargenprotokolle" vorgelegt zu haben, welche die angebliche Produktion von höherwertigem Beton vorspiegeln sollten.

Godel sieht sich verfolgt

"Somit war es für keinen Fremdüberwacher ersichtlich, dass es zu Manipulationen gekommen war, da auf den Lieferscheinen fälschlicherweise das korrekte Bindemittel angegeben wurde", heißt es in dem vertraulichen Papier. Bei der Produktion der Hausmischung seien "die Grenzwerte der Betonzusammensetzung unterschritten worden." Godel habe gegenüber dem Baustoff-Überwachungsverband "Täuschungen eingeräumt", heißt es in der von drei Teilnehmern unterzeichneten Gesprächsnotiz.

Eine Godel-Sprecherin wies die Vorwürfe als falsch zurück. Es handele sich "um die subjektive Darstellung der Verfasser." Godel fühlt sich verfolgt. Im Vorstand des Baustoff-Überwachungsverband, so seine Sprecherin, säßen schließlich "alle großen Konkurrenten der Firma Godel."

Die Sprecherin warf den Prüfern ihrerseits Versäumnisse vor. So hätten diese den Wareneingang nicht genug kontrolliert. Godel habe auch nie nicht normgerechten Beton hergestellt. Man habe "immer nur zertifizierte Ausgangsstoffe aus eindeutiger Herkunft und bester Qualität zur Betonproduktion verwendet" und "Zement aus eigener Herstellung." Diese Vorgehensweise sei "in anderen EU-Ländern längst Standard." Doch auch für die Zementherstellung brauchen Firmen Zertifikate und Zulassungen, die Godel nach Erkenntnissen der Prüfer nicht hatte. Keine Angaben machte die Sprecherin, ob tatsächlich Silos vor dem Besuch von Kontrolleuren umgefüllt wurden.

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