Berliner Start-up Laremia:Luxusmode zum Mieten

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Kleidertraum für ein paar Tage: Das Berliner Start-up Laremia verleiht inzwischen aus einem großem Angebot an Markenware. (Foto: Pascal Le Segretain/Getty Images)

Wenn sich eine Feier an die nächste reiht, bekommen manche Frauen ein (Luxus-)Problem: Kleidermangel. Das Berliner Start-up Laremia verleiht Glamour auf Zeit - sogar Roben von Gucci und Cavalli sind unter den Modellen.

Von Steffen Uhlmann, Berlin

Blond, hübsch, erfolgreich. Anfang 30, mit schier atomar strahlender Dynamik. Und das im Doppelpack. Es könnte sein, dass da zwei Powerfrauen aus dem Gründerinnen-Baukasten gefallen sind. Ihre Deklamationen klingen danach - ganz nach dem Motto: Von der schillernden Idee zum knallharten Geschäft. Das ist anstrengend. Nicht für sie, eher für den Zuhörer.

Fehlt nur noch die Power-Point-Präsentation. Dabei merkt man schon jetzt, dass hier zwei junge Frauen ihre inneren Werte, ihre neue Mitte nicht beim Brotbacken gefunden haben. Auch davon können sie erzählen. Anna Mangold tut das, Claudia von Boeselager muss sich gerade um Kundinnen ihres Kleiderverleihs kümmern.

Kennengelernt haben sich die beiden Frauen während ihres Betriebswirtschaftsstudiums. "Danach aber trennten sich unsere Wege", sagt Anna Mangold. "Claudia landete über ein paar Zwischenstationen bei Goldman Sachs in London, ich bei der Unternehmensberatung Roland Berger." Die eine, Boeslager, stieg bei dem amerikanischen Finanzriesen in das Investmentbanking ein. Die andere, Mangold, beriet Baustoffproduzenten, Banken und auch den Ruhrpott-Kultverein Rot-Weiss-Essen in Marketingfragen. "Sieben angespannte Jahre für uns beide", sagt sie. "Aber wir haben uns nie aus den Augen verloren."

Kleiderverleich nach amerikanischem Vorbild

Und dann erzählt sie vielleicht zum hundertsten Mal die Geschichte von jenem Sommer in München, in dem bei den beiden Freundinnen Hochzeitseinladungen am Stück eintrafen und sie vor dem Problem standen, was sie nun wieder anziehen sollten. "Wir wollten einfach nicht immer mit dem selben Kleid bei den Festen auftauchen, aber auch nicht andauernd ein neues kaufen", sagt Anna Mangold und lässt offen, wie sie damals das Problem für sich gelöst haben.

Viel lieber redet sie von der vermeintlichen Not, die erst die Idee für das Start-up gebar - für ein Unternehmen, das Kleider verleiht. "Bei unseren ersten Recherchen dazu sind wir schnell auf das amerikanische Vorbild "Rent the Runway" gestoßen, das von zwei jungen Frauen aus Harvard gegründet wurde", erzählt Anna Mangold. "Die beiden kamen wie wir nicht aus dem Fashion-Fach und hatten dennoch Erfolg. Das hat uns Mut gemacht, die Idee weiter zu treiben, eben bis hin zur Firmengründung."

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So weit der Plot zu den Anfängen ihrer Gründergeschichte, der vom Traum vom selbst gemachten Glück erzählt. Von jungen Leuten, die eine verrückte Vision mit schnödem Geschäftssinn verbinden. Dabei haben amerikanische Forscher unlängst herausgefunden, dass es auch andere wichtige Gründe fürs Gründen gibt. An erster Stelle, heißt es in einer Studie, stehe dabei Frustration über fehlende Aufstiegsmöglichkeiten im Angestellten-Dasein und weniger der Gedanke, etwas Großes zu erschaffen. Doch Anna Mangold, die ihren Master an der Wirtschaftshochschule ESPC mit Semestern in Paris, Oxford und Berlin machte, besteht auf ihrem Traum vom Unternehmertum. "Claudia und ich haben schon lange davon geträumt, uns selbständig zu machen", erklärt sie. "Nun hatten wir endlich die Idee dafür."

50 Abendkleider und ein Showroom

Blauäugig sind die beiden Frauen die Sache nicht angegangen, dagegen standen schon ihre beruflichen Erfahrungen und ihr ausgeprägtes Talent für analytisches Denken. Ein Jahr lang haben sie zunächst den Markt untersucht und dazu ein Geschäftsmodell entwickelt. Nicht sehr überraschend für sie war, dass sich immer mehr Frauen ihre Modeartikel über das Internet besorgen. Dazu gehörten sie ja inzwischen selbst. Auch dass der Wunsch nach Luxus- und Designerkleidern unter Frauen wächst, war für sie nicht so arg neu. Interessanter dagegen war schon der aufgekommene Trend zur Share-Economy.

"Gerade unter jüngeren Leuten wächst die Bereitschaft, Dinge zu leihen, die man nicht täglich braucht", sagt Anna Mangold.

"Gerade da setzt unsere Geschäftsidee an." Die beiden Freundinnen legten los. Zunächst mit 100 000 Euro Startkapital, das von ihren Sparkonten kam. Sie kauften ihre ersten 50 Abendkleider und eröffneten im angesagten Berliner Kollwitz-Viertel am Prenzlauer Berg einen Showroom, um offline Erfahrungen mit dem Kleiderverleih bzw. mit Glamourrent, wie es jetzt neudeutsch heißt, zu sammeln.

Dadurch erfuhren sie bald, was ihre Kundinnen wirklich haben wollen. "Vor allem tragbare Mode wollen sie", sagt Mangold. "Und auch Beratung, was zu ihnen passt." Allerdings war ihnen schon von vornherein klar, dass das sauer Ersparte nicht reichen würde, um ihr Start-up auf solide finanzielle Beine zu stellen. So sind sie mit ihrem fertigen Businessplan auf Investorensuche gegangen. "Ende 2012 stand der Plan, neun Monate später hatten wir unsere erste Finanzierungsrunde gestemmt", erinnert sich Anna Mangold mit einigem Stolz.

Stolz kann sie auch sein. Immerhin stiegen mit dem von der öffentlichen Hand und von privaten Unternehmen getragenen High-Tech Gründerfonds (HTGF) und mit zwei Business Angels gleich drei Investoren bei Laremia ein. Dabei war der Name ihres Unternehmens, eine Wortbaustelle aus "Love and rent" und "every moment is amazing", eher wenig einleuchtend für die Kapitalgeber. Umso mehr dagegen ihr Konzept, das auf dem Milliardenmarkt Mode genauso aufbaut wie auf dem Trend zum E-Commerce. Etwa eine Million Euro flossen den beiden Gründerinnen zunächst zu. Inzwischen aber laufen schon Gespräche für eine zweite Finanzierungsrunde. Und die Aussichten stehen nicht schlecht, dass weiteres Geld für Laremia fließt. Allein beim Bonner HTFG stehen insgesamt zwei Millionen Euro pro Jungunternehmen bereit.

Mehr als 170 Modelle in jeweils drei Größen

Aber es ist nicht nur das Geld, was Mangold und Boeselager an den Fonds bindet. "Die Bonner fungieren auch als Netzwerker", sagt Anna Mangold. "Und Beziehungen sind in unserem Geschäft ein mindestens genauso wichtiges Kapital." Über 170 Modelle, die bis zu 600 Euro gekostet haben, hängen mittlerweile auf der Stange in ihrem Showroom. Und das jeweils in drei verschiedenen Größen.

Kleider für den besonderen Moment, Markenartikel von ganz Großen wie Dolce & Gabbana, Gucci, Chloe oder Valentino und Cavalli. Oder auch von Favoriten unter den eingeweihten Modekennern wie David Meister, Catherine Deane, Baddgley Mischka und BCGB. Allesamt edle Stoffe, ausgefallene Schnitte, aber ohne Cat-Walk-Hysterie. "Es ist auch irgendwie unserer Geschmack, unser Stil", sagt Anna Mangold, die gern noch andere Designer, vor allem deutsche, ins Geschäft holen will. "Wir sind noch am Anfang", sagt sie. "Rent the Runway hat mittlerweile schon 40 000 Modelle im Programm."

"Zwischen zehn und fünfzehn Mal hält jedes Kleid diese Prozedur durch"

Ihr Geschäft läuft schon jetzt. Über 1000 Kunden zählen bereits zum Laremia-Stamm. Vor allem Frauen im Alter zwischen 25 und 45, denen online (laremia.com) und im Laden ein Rundum-Service geboten wird. Für zumeist 15 Prozent des Kaufpreises kann ein Kleid für vier oder acht Tage gemietet werden, bei Bedarf mit passenden Accessoires wie Taschen, Gürtel oder Schmuck. Kostenfrei geliefert wird, wenn gewünscht, in zwei Größen. Zur Sicherheit, sollte die gewählte Kleidergröße nicht passen. Im Preis inbegriffen ist ein Flecken- und Rissschutz, weil, wie Anna Mangold betont, während der Anprobe oder beim Fest "immer mal ein Missgeschick" passieren könne.

Sind die Kleider zurück, werden sie gereinigt, bevor sie wieder auf die Stange kommen. "Zwischen zehn- und 15-mal hält jedes Kleid diese Prozedur durch", weiß Anna Mangold inzwischen. "Manche sogar länger." Bei Roberto Cavallis Kleidchen mit pinken Leopardenmuster wäre das ein großes Glück. Die Kult-Klamotte ist derzeit der Renner im Laremia-Angebot. "Ein tolles Teil, nicht wahr", sagt Anna Mangold versonnen. Ja, vielleicht, doch so was muss man schon mögen.

© SZ vom 13.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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