Berlin:Gabriels Gedenken

Büste für ehemaligen Wirtschaftsminister Karl Schiller

Karl Schillers Abbild im Bundeswirtschaftsministerium hat den Hals geneigt und ein schelmisches Lächeln auf den Lippen.

(Foto: Bernd Von Jutrczenka/dpa)

Im Wirtschaftsministerium steht nun auch eine Büste des "Superministers" Karl Schiller - neben der von Ludwig Erhard.

Von Kristiana Ludwig

Einrichtung ist wichtig, wenn man ein neues Haus bezieht. Erst wenn die Deko passt, fühlt man sich daheim. Die Farbe, die der sozialdemokratische Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gewählt hat, um sich in seinem Ministerium richtig einzurichten, ist ein zartes Violett.

Dort, wo vorher bloß eine Büste Ludwig Erhards stand, des CDU-Wirtschaftsministers der Nachkriegsjahre, des "Vaters des Wirtschaftswunders", hat Gabriel nun einen planschbeckengroßen Blumenkübel aufgestellt, in Zartviolett. Erhard steht rechts davon, auf einem lila Sockel. Für die linke, zweite Säule hat Gabriel eine weitere Büste anfertigen lassen: die des sozialdemokratischen "Superministers" Karl Schiller, des Wirtschafts- und Finanzministers im Kabinett Willy Brandt. Das steht einem SPD-geführten Ministerium gut.

Erhard und Schiller, das ist ein bisschen so wie Sigmar Gabriel und sein CSU-Vorgänger Michael Glos. Die beiden hatten sich in der ersten großen Koalition bis 2009 bekämpft. Damals war Gabriel Umweltminister und Glos führte das Wirtschaftsministerium. Wie es der Zufall will, war er es, der Ludwig Erhards Büste ins Wirtschaftsministerium stellte.

Heute ist Michael Glos Gast . Gabriel hat ihn zur Enthüllung eingeladen, zusammen mit den anderen Amtsvorgängern Rainer Brüderle (FDP) und Werner Müller. Zu dritt stehen sie im Gang. "Warten wir noch auf ihn", sagt Glos zu den anderen: "Kann ja sein, dass er uns erst noch die Hand drücken will." Gabriel will. "Michael!", sagt er laut. Michael Glos lächelt.

Dann zieht der Minister der Büste das Samttuch vom Kopf. Karl Schillers Abbild hat den Hals geneigt und ein schelmisches Lächeln auf den Lippen. Ludwig Erhards schwerer, pausbäckiger Metallkopf daneben hat gar keinen Hals. "Ah!", sagen die Leute. Michael Glos durchbricht die Stille als Erster, er klatscht in die Hände.

Da stehen sie jetzt nebeneinander - Gabriel und Glos. Gabriel hat die Arme verschränkt und konzentriert sich auf den Redner, Glos blickt geradeaus. Irgendwann zieht er den Vorsitzenden der Karl-Schiller-Stiftung an den Schultern heran und stellt ihn in die erste Reihe - um selbst in die zweite zu verschwinden.

"Ein Gedenken an große Männer", sagt Michael Glos am Ende. Und dann noch, leiser: "Das ist die Vereinnahmung der Marktwirtschaft durch die SPD." Sigmar Gabriel steht schon am Aufzug. "So, das war doch mal was Nettes", sagt er zu seinen Begleitern. Dann fährt er nach oben.

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