Bericht des Bundeskartellamts:Macht der Öl-Konzerne wird beschränkt

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Drei Jahre lang hat das Bundeskartellamt Hunderte Tankstellen in Deutschland beobachtet. Das Ergebnis: Die fünf großen Konzerne beherrschen den Spritmarkt nach Belieben. Die Preise für Benzin und Diesel bilden sich nicht im Wettbewerb - und sind zu hoch. Deshalb soll der Einfluss der Konzerne am Tankstellenmarkt nun zurückgedrängt werden. Außerdem zeigt der Bericht, warum Sprit an der Autobahn besonders teuer ist.

Silvia Liebrich

Das Bundeskartellamt will den Einfluss der Mineralölkonzerne am Tankstellenmarkt beschränken. Unter anderem soll der Zukauf neuer Stationen durch die fünf Marktführer Aral, Shell, Esso, Total und Jet untersagt oder nur unter strengen Auflagen genehmigt werden. Das geht aus dem Untersuchungsbericht hervor, den die Wettbewerbsbehörde an diesem Donnerstag vorlegen wird. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung prüft die Behörde auch Verfahren gegen die großen Anbieter.

Benzin ist zu teuer, sagt das Bundeskartellamt. (Foto: dpa)

Jedoch dämpft das Kartellamt Hoffnungen der Verbraucher. Es gebe keine Hinweise auf illegale Preisabsprachen, heißt es. Damit stellen die Wettbewerbshüter klar, dass sie auch künftig keinen direkten Einfluss auf Benzin- und Dieselpreise nehmen können, da die rechtliche Grundlage fehlt. Kartellamtschef Andreas Mundt sagte: "Wir sind keine Preissetzungsbehörde, die verfügen kann, dass die Preise sinken. Wir können nur für mehr Wettbewerb sorgen. Und mehr Wettbewerb sorgt für niedrigere Preise."

Drei Jahre lang hat das Kartellamt die Strukturen im Tankstellengeschäft mit 15.000 Stationen durchleuchtet. Im Abschlussbericht ist nun von einem Oligopol die Rede: Fünf große Anbieter beherrschen den Markt - was die Konzerne bestreiten. Das Kartellamt stellt fest, dass Benzin und Diesel hierzulande teurer sind, als sie eigentlich sein müssten. Dagegen unternehmen kann die Behörde wenig, denn Oligopole sind nicht verboten. Die betroffenen Firmen unterliegen aber strengen Kontrollen und Auflagen.

Einen Ansatzpunkt sieht Kartellamtschef Mundt daher neben dem Zukaufsverbot auch bei den 340 Autobahn-Tankstellen. Sie gehören dem Staat und werden nach einem komplizierten Quotensystem an Mineralölkonzerne verpachtet. Ein Verfahren, das nach Einschätzung der Behörde falsche Anreize setzt, "an der Autobahn möglichst wenig Kraftstoff zu möglichst hohen Preisen abzusetzen". Das Modell soll geändert werden, zudem sollen nun möglichst andere Wettbewerber zum Zug kommen.

Die großen Tankstellenbetreiber sehen sich zu Unrecht kritisiert. Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands, sagt: "Der Wettbewerb funktioniert, es gibt keine Preisabsprache und es wird gegen keine Gesetze verstoßen." In Berlin hat der Untersuchungsbericht des Kartellamts schon vor seiner Veröffentlichung eine Debatte ausgelöst. Während Vertreter der SPD ein hartes Vorgehen gegen die Tankstellenbetreiber fordern, lehnen Wirtschaftsexperten der CDU staatliche Eingriffe ab. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wollen indessen prüfen, ob sich das Recht verschärfen lässt, um dem Kartellamt das Eingreifen zu erleichtern.

Der Benzinmarkt ist nicht der einzige, der von wenigen Konzernen dominiert wird. Auch im Lebensmittelhandel haben in Deutschland nur fünf große Unternehmen das Sagen. Trotzdem sind die Lebensmittelpreise vergleichsweise niedrig, da es zwischen Nahrungsmittelherstellern und Händlern einen harten Wettbewerb gibt. Am Mineralölmarkt gibt es diese Konkurrenz nicht. Denn die größten Tankstellenbetreiber sind Tochterunternehmen internationaler Mineralölkonzerne. So gehört etwa Aral zum britischen Konzern BP, Esso zur US-Firma ExxonMobil und Jet zum ebenfalls amerikanischen ConocoPhillips.

Linktipp: "Heute morgen haben wir zugeschlagen und den Konzernen gesagt: Nun ist Schluss, jetzt müsst ihr den Preis um mindestens fünf Pfennig senken", sagte der Chef des Bundeskartellamts - bereits im Jahr 1974. Das ZDF-Magazin Frontal 21 hat im Archiv nachgeschaut, wie lange die Politik sich bereits mit der Macht der Mineralölkonzerne abmüht.

© SZ vom 26.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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