Berechnungen des DGB:Immer mehr Arbeitslose rutschen direkt in Hartz IV

Drastischer Anstieg: Jeder vierte Arbeitslose in Deutschland fällt direkt nach dem Verlust des Jobs in Hartz IV - im Jahr 2008 war es noch jeder fünfte. Besonders kritisch ist die Situation der Leiharbeiter. Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert daher, dass kurzfristig Beschäftigte leichter Arbeitslosengeld bekommen.

Immer mehr Arbeitnehmer, die ihren Job verlieren, werden nach Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sofort zu Hartz-IV-Beziehern. Die Zahl derjenigen, die nach dem Ende einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit direkt in Hartz IV fallen und das sogenannte Arbeitlosengeld II erhalten, ist demnach zwischen 2008 und 2011 um 18,7 Prozent gestiegen. Das berichtet die Welt unter Berufung auf den DGB.

Beschäftigte, die ihren Arbeitsplatz verlieren, haben normalerweise Anspruch auf das aus Beiträgen finanzierte, etwas höhere Arbeitslosengeld I. Dies gilt aber nur, wenn vorher lange genug gearbeitet wurde. Wer arbeitslos wird und in den vergangenen zwei Jahren nicht mindestens zwölf Monate in einem Beschäftigungsverhältnis stand, rutscht direkt in die Grundsicherung von Hartz IV. Während das im Jahr 2008 insgesamt 621.000 Menschen betraf, waren es laut DGB im Jahr 2011 bereits 736.800.

Aus den DGB-Zahlen geht auch hervor, dass entsprechend der Anteil derjenigen, die nach ihrem Jobverlust Arbeitslosengeld I beziehen, deutlich zurückgegangen ist, nämlich um knapp zehn Prozent.

"Die soziale Sicherungsfunktion der Arbeitslosenversicherung nimmt stetig ab", kommentierte der DGB-Experte Wilhelm Adamy die Entwicklung. 26,4 Prozent derjenigen, die im Jahr 2011 ihren Job verloren, sind sofort in die Grundsicherung gerutscht. 2008 hat dieser Anteil laut Adamy noch bei 21,5 Prozent gelegen.

Die Bundesregierung sieht in den Zahlen dagegen eine positive Entwicklung. "Das zeigt, dass Bewegung im Arbeitsmarkt ist, und das ist gut", sagte ein Sprecher im Arbeitsministerium. Die Regel "Einmal Hartz IV - immer Hartz IV" gelte so nicht mehr. Auch Langzeitarbeitslose mit geringer Qualifikation fänden inzwischen Arbeit, hätten aber natürlich auch ein größeres Risiko, wieder in Hartz IV zurückzufallen.

Besonders schwierig sei laut DGB die Situation bei Zeit- und Leiharbeitern. Mehr als 45 Prozent aus dieser Gruppe, die im vergangenen Jahr ihre Beschäftigung verloren haben, sei direkt zu Hartz-IV-Empfängern geworden.

Der DGB fordert daher, die Regelungen der Arbeitslosenversicherung für kurzfristig Beschäftigte zu verbessern. Schon nach sechs Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung sollten Arbeitslose demnach den Anspruch auf drei Monate Arbeitslosengeld I bekommen.

Der DGB will dem Bericht zufolge auch die Rahmenfrist, in der der Anspruch erworben werden kann, wieder von 24 auf 36 Monate verlängert. Jeder der in den vergangenen drei Jahren mindestens zwölf Monate beschäftigt war, würde dann Arbeitslosengeld I erhalten. Das würde etwa Leiharbeiter begünstigen, die kurzfristig einen Job bekommen und dann wieder längere Zeit arbeitslos sind.

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