Belegschaft will Warenhaus retten:Die Ladenhüter

Ende März wird die Karstadt-Filiale in Kaiserslautern geschlossen - und die Stadt zur Warenhaus-Wüste. Nun prescht die Belegschaft mit einem Plan B vor. Sie will den Standort selbst weiterführen.

T. Dorfer

Warum sollte es nicht erneut klappen? Es hat doch schon einmal funktioniert. Damals, im Jahr 1997, als die Mitarbeiter der Dasa die vom Aus bedrohten Pfalz-Flugzeugwerke in Speyer übernahmen und etliche Jahre später an den US-Beteiligungsfonds Safeguard weiterverkauften. Die ganze Pfalz atmete damals auf.

Karstadt, Foto: ddp

Die Karstadt-Filiale in Kaiserslautern soll Ende März geschlossen werden.

(Foto: Foto: ddp)

An den Erfolg von damals klammern sie sich auch heute im knapp 80 Kilometer westlich gelegenen Kaiserslautern. Wieder steht ein Traditionsunternehmen vor dem Aus. Karstadt, das einzige Warenhaus der Stadt, soll am 31. März 2010 schließen, weil der Insolvenzverwalter dem Standort keine Zukunft mehr bescheinigt. Hermann Heinrich sieht das anders. Er ist 60 Jahre alt, Chef des Betriebsrats und er war dabei, als das Haus vor 33 Jahren öffnete. Wenn kein Wunder geschieht, wird Hermann Heinrich Ende März den Schlüssel in der Filiale am Fackelrondell umdrehen. Zum letzten Mal.

Eine Region kämpft

Doch vielleicht geschieht das Wunder ja doch noch. Denn eine ganze Region kämpft um den Erhalt des Karstadt-Standorts - die Technologieberatungsstelle Rheinland-Pfalz, die Gewerkschaft Verdi sowieso. Hermann Heinrich sagt, er stehe auch mit Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) in stetigem Kontakt. Die Mitarbeiter wollen das Haus künftig in Eigenregie führen.

Noch tüfteln die Fachleute und Wirtschaftsprüfer an der konkreten Umsetzung des Plans. Das Grobkonzept sieht Heinrich zufolge vor, dass "vom Land getragene Banken" und Sparkassen für knapp 20 Millionen Euro die Immobilie kaufen und an eine Betreibergesellschaft vermieten. An der sollen wiederum die Beschäftigten Anteile erwerben, auch die Ausgabe von Bürgeraktien ist geplant. Alleine die Mitarbeiter würden jährlich etwa 200.000 Euro durch den Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld beisteuern. Das Warenhaus soll dann K-Stadt heißen - K wie Kaiserslautern.

Eine Frage drängt sich auf: Sind Angestellte die besseren Unternehmer? Können Frau Schlüter aus dem Reisebüro und Frau Memmer aus der Haushaltswarenabteilung das wieder geradebiegen, was die Middelhoffs und Eicks in der Vergangenheit alles falsch gemacht haben? Betriebsrat Heinrich ist "1000-prozentig überzeugt" davon. "Die Mitarbeiter haben die kreativsten Ideen. Und die billigsten." Ideen für K-Stadt gibt es auch schon. Mehr Dienstleistungen könnten angeboten werden, sagt Heinrich. Eine Sektbar, eine Postagentur, ein Nagelstudio, eine Änderungsschneiderei. All das.

Fast durchgehend schwarze Zahlen

Und weiter gehen die Gedankenspiele. Karstadt könnte zunächst weiter als Einkäufer agieren, sagt Heinrich. Nach einigen Jahren soll das Haus dann an einen Investor übergeben werden. Und überhaupt: In 33 Jahren habe der Standort Kaiserslautern 30 Mal Gewinne an die Muttergesellschaft überwiesen, zuletzt sei der Standort nur deshalb in die Verlustzone gerutscht, weil man Investitionen in die Ausstattung getätigt habe.

Vom Erfolg ihres Vorhabens sind die Arbeitnehmer überzeugt. "Ich glaube an das Konzept", sagt Betriebsrat Heinrich. Schließlich sei Karstadt in Kaiserslautern "Platzhirsch". Es gibt keinen Kaufhof hier, keinen Woolworth und auch sonst kein Einkaufszentrum. Eine Filiale von C&A gibt es und eine von Peek&Cloppenburg. Ansonsten ist die Stadt in der Westpfalz Warenhaus-Wüste. "Fachleute sagen uns, wenn das richtig geführt wird, ist das Haus eine Gelddruckmaschine." Heinrich ist zufrieden.

160 der 191 Mitarbeiter sind zur Versammlung in die Karstadt-Kantine gekommen und haben sich die Pläne des Betriebsrats angehört. Jetzt sind viele euphorisch, sagt Heinrich. Zu euphorisch, nach seinem Geschmack. Ende Januar soll das Konzept ausformuliert sein, erst dann entscheidet sich, ob das Vorhaben umgesetzt wird. Noch ist das Projekt K-Stadt für Heinrich nicht mehr als ein "kleiner Hoffnungsschimmer" und die Chance, dass es tatsächlich dazu kommt, beziffert er auf "unter 25 Prozent". Die Arbeiter der Flugzeugwerke Speyer dachten vor knapp 13 Jahren ähnlich. Ihr Werk existiert noch heute.

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