Bekleidung:Außer Kontrolle

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Will seiner Ex-Firma Konkurrenz machen: Dov Charney. (Foto: Bloomberg)

Dov Charney verliert American Apparel endgültig. Jetzt will der einstige "Unternehmer des Jahres" seiner Ex-Firma Konkurrenz machen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Dov Charney war einmal "Unternehmer des Jahres" (Ernst & Young, 2004), er war auch "Mann des Jahres" ( Apparel Magazine, 2008) und sogar "eine der mächtigsten Personen in Südkalifornien" ( LA Times, 2009). Nun, im Januar 2016, da ist Charney gar nicht mehr mächtig, "Mann des Jahres" hat ihn auch schon lange niemand mehr genannt. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass er in weniger als zwei Wochen noch nicht einmal mehr Anteilseigner der von ihm gegründeten Bekleidungsfirma American Apparel ist. Das entschied jetzt ein Insolvenzgericht, das den Plänen des aktuellen Aufsichtsrates zur Reprivatisierung des Unternehmens zustimmte, aber die Idee von Charney ablehnte.

Die beinhaltete eine 320-Millionen-Dollar-Übernahme durch die Hagan Capital Group, vor allem aber gehörte dazu die Rückkehr von Charney als Chef. Genau das hatte Charney in den vergangenen Monaten immer wieder versucht, der Aufsichtsrat lehnte jedoch jeweils ab. Weil Charney nicht aufgeben wollte, kam es nun zu der Verhandlung. Charney war im Jahr 2014 aufgrund schlechter Ergebnisse, aber auch wegen seines exzentrischen Auftretens gefeuert worden. Bisweilen schien er jede Kontrolle über sich verloren zu haben: Er soll in Unterhosen zur Arbeit erschienen sein und vor einer Journalistin masturbiert haben. Es gab auch zahlreiche Klagen wegen sexueller Nötigung.

Er wurde aber nie verurteilt. American Apparel hat seit sechs Jahren keinen Gewinn mehr erwirtschaftet, alleine im November vergangenen Jahres betrugen die Verluste 14,5 Millionen Dollar. Der einstige Börsenliebling ist mittlerweile zum Pennystock verkommen. Im Oktober musste das Unternehmen Gläubigerschutz beantragen und sucht seitdem nach einer Lösung für die missliche Lage. Geschäftsführerin Paula Schneider will das Unternehmen nun möglichst in der kommenden Woche privatisieren. Etwa 200 Millionen Dollar an Schulden sollen in Anteile für Gläubiger wie Monarch Alternative Capital, Coliseum Capital und Goldman Sachs Asset Management umgewandelt werden, die dadurch die Kontrolle über das Unternehmen erhalten.

Aktionäre wie Charney würden leer ausgehen. "Natürlich bin ich enttäuscht. Der Wert aller Anteile wird einfach ausgelöscht", schrieb Charney in einer Mitteilung: "Gegen dieses Ergebnis habe ich zwei Jahre lang unermüdlich gekämpft, um den Wert der Firma für die Investoren zu schützen. Ich hatte keine faire Chance. Sie haben mich rausgeschmissen und danach alles nur noch schlimmer gemacht."

Geschäftsführerin Paula Schneider, deren Rettungsversuche bislang an Erfolglosigkeit kaum zu überbieten waren, hat nun ein neues Konzept vorgelegt, um das Unternehmen aus der Insolvenz zu holen. Doch klingt auch das nicht gerade innovativ, sondern wie aus dem Handbuch für Krisenmanager: neue Produkte, neue Marketingkampagne, Senken der Kosten durch Schließen teurer Filialen und Entlassungen. "Mit diesem Meilenstein können wir uns nun darauf konzentrieren, unsere Strategie umzusetzen", sagt sie.

Charney, 46, hat angekündigt, dass er das Urteil nicht anfechten wolle. Es war wohl seine letzte Chance, die Kontrolle über das Unternehmen zurückzugewinnen, das er im Jahr 1991 gegründet und zu weltweiter Bekanntheit geführt hatte. "Es hat immer Leute gegeben, die mich aufgrund meiner Entscheidungen für verrückt erklärt haben", schreibt er nun. "Auf diese Leistungen werde ich nach wie vor richtigerweise stolz sein." Er hat angekündigt, eine neue Bekleidungsfirma gründen zu wollen, einen direkten Konkurrenten für sein ehemaliges Unternehmen. Es scheint, als wäre der einstige Mann des Jahres noch lange nicht fertig mit American Apparel.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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