Bei uns in Rom:Wein und Börse? Eine schwierige Beziehung

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Die Winzer in Italien, das ist eine konservative Klientel. Aber es gibt einen Ausreißer: Italian Wine Brands.

Von Ulrike Sauer

Der Markgraf mag es modern. Seit 630 Jahren fließt Winzerblut in den Adern seines Florentiner Geschlechts, aber Piero Antinori, Chef der 25. Generation, schwang sich zum Erneuerer auf. Er bahnte einst der Renaissance des Chianti den Weg. Den fröhlichen Zechwein, der aus bauchigen, mit Bast umwickelten Flaschen ausgeschenkt wurde, verwandelte er in den ersten edlen "Super-Tuscan".

Spricht man den Marchese, Italiens größten Privatkellerer, allerdings heute auf die Börse an, fehlt von Innovationsgeist jede Spur. Wein und Aktienmarkt sind für Antinori inkompatibel. Die Börse sei "antithetisch für ein Unternehmen, das auf Qualität ausgerichtet ist". Wie solle man bitte schön einem Börsianer verklickern, dass der Winzer in schlechten Jahrgängen seinen Spitzentropfen gar nicht erst auf den Markt bringt? Undenkbar.

Wein und Finanzen, die in anderen Ländern eine innige Beziehung eingehen, sind in Italien schwer zusammenzubringen. Die Antinori-Sippe bildete lieber einen Trust, um ihrem Unternehmen mit 180 Millionen Euro Umsatz die notwendige Stabilität zu geben. Auch der Großwinzer Gianni Zonin schließt die Börsenoption aus. Eine Aktienemission, für die von der Familie Anteile abgetreten werden müssten, "würde eine Revolution auslösen", schwant ihm.

Und jetzt das! In der konservativen Szene drängen auf einmal Tabubrecher in den Vordergrund. Im Januar legte Italian Wine Brands den ersten Börsengang einer Kellerei hin. Die Aktien des Zusammenschlusses der Kellerei Giordano Vini und Provinco Italia werden in Mailand am Alternative Investment Market (AIM) gehandelt, dem Börsensegment für kleinere Unternehmen.

Und in Kürze soll der Neuling Gesellschaft aus der Valpolicella-Gegend zwischen Verona und Gardasee bekommen. Dort steht der Amarone-König Sandro Boscaini mit seiner Familienkellerei Masi vor dem Börsengang. "Das Kapital ist kein Zweck, sondern ein Mittel, das in den Dienst eines Projekts gestellt wird", sagt der Winzer. Sein Plan: Er will Masi durch Zukäufe zu einem regionalen Luxus-Kellerei-Verbund ausbauen, der global mithalten kann, ohne die Traditionen und Werte der einzelnen Weine zu verraten.

Boscaini ist einer, der Ernst macht. Vor zehn Jahren nahm er bei Masi Private-Equity-Firmen auf, um drei Vettern und einen seiner Brüder abzufinden. "Wir waren zu siebt, das war zu viel, um ein strammes Wachstum zu stemmen", sagt er. Das italienische Piccolo-è-bello-Syndrom hält der Amarone-Hersteller für fatal: "Diese Krankheit kann uns vernichten."

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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