Bei uns in Rom:Kosten kürzen auf italienisch

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Viele haben schon versucht, die Staatsausgaben in Italien zu senken. Gerade droht Ministerpräsident Renzi wieder daran zu scheitern.

Von ULRIKE SAUER

Wie verschrottet man Gespenster? Keine Frage, Italiens Hansdampf ist wieder unterwegs. Nach einem unerquicklichen Sommer stürzte sich Matteo Renzi zurück aus dem Urlaub in seinen Job als Verschrotter. Weg mit gewissen Vorrechten streikfreudiger Staatsangestellter, mit dem endlosen Abstimmungs-Pingpong der beiden Parlamentskammern, mit der verhassten Immobiliensteuer - der zupackende Regierungschef ist wieder in seinem Element.

Nicht so forsch tritt er auf, wenn es um die Verschrottung respektive Beseitigung von Staatsausgaben geht. Zehn Milliarden Euro Kürzungen waren geplant für 2016. Gut zwei Wochen vor der Vorlage des Haushaltsentwurfs, ist das Erreichen des Ziels höchst ungewiss. In einem Dokument des Finanzministeriums ist von "Erleichterung" die Rede. Gemeint ist offenbar nicht die Verringerung der Ausgaben, sondern der Kostensenkungen. Der Kleinmut ist nicht neu. Eine Garde namhafter, ausnehmend kompetenter Kostendrücker hat sich an der Aufgabe die Zähne ausgebissen. IWF-Direktor Carlo Cottarelli scheiterte. Wie vor ihm der legendäre Mann mit der Schere, Konzernsanierer Enrico Bondi, und der Vater der römischen Finanzcontroller, Tommaso Padoa-Schioppa.

Wie kann es auch anders sein? Den Rotstift im italienischen Amtsdschungel anzusetzen, ist verdammt schwer. Die Streichkommissare nehmen es mit einem Staat auf, dessen Ministerien quer über das Land 9600 Niederlassungen betreiben. Mit dem Einkauf von Dienstleistungen und Waren betraut die öffentliche Hand 34 000 Stellen. Und Padoa-Schioppa bemerkte einmal: "Das Geld aller wird als Niemandsgeld betrachtet." Selbst wenn die Politiker einen Kostenfaktor gestrichen haben, stellt sich längst noch keine Ersparnis ein. Die Kostenverursacher mutieren dann und leben als Gespenster fort. Was ganz schön hinterhältig ist. Wie nämlich verschrottet man Gespenster?

Eines haust in der feudalen Villa Lubin mitten in Rom. Hier residiert der CNEL, der Nationale Rat für Wirtschaft und Arbeit. Er hatte den Auftrag, Regierung und Parlament in der Gesetzgebung zu beraten. In den 57 Jahren seiner Existenz schlug er 14 Gesetzentwürfe vor, von denen kein einziger angenommen wurde. Dann kam Renzi und erhob den CNEL zum Symbol überflüssiger Einrichtungen, an die Politiker Steuergelder verschwenden. Im konkreten Fall: 20 Millionen Euro jährlich. Die Abschaffung des Rats ließ er in die Verfassungsreform schreiben. Tatsächlich stellte das Organ 2014 seine Tätigkeit ein. Doch 34 der 64 Ratsmitglieder weigern sich, ihre Sessel zu räumen. Womit der Rat beschlussfähig blieb. Seine 70 Angestellten werden nun weiter für ihre Inaktivität bezahlt.

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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