Bei uns in Rio:Taxi! Taxi?

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Es klappt derzeit ja nicht allzu viel in Brasilien. Zu klagen gibt es genug, jetzt ist aber auch einmal ein kleines Lob angebracht: Das Taxiwesen funktioniert hier erstaunlich gut. Zumindest bis jetzt, denn nun kommt Uber ins Spiel.

Von Boris Herrmann

Es klappt derzeit ja nicht allzu viel in Brasilien. Die Politik steht still, die Wirtschaft bricht ein, der Korruptionsskandal wächst allen über den Kopf und die Fußballnationalelf kickt so erbärmlich, dass die Brasilianer an Länderspieltagen sogar die anderen Probleme vergessen. Zu klagen gibt es also genug, jetzt ist aber auch einmal ein kleines Lob angebracht: Das Taxiwesen funktioniert erstaunlich gut. Im Taxiparadies Rio de Janeiro ist sogar der Bürgermeister Eduardo Paes hin und wieder als Fahrer im Einsatz, was auch immer er damit bezwecken will. Man schafft es jedenfalls kaum, so schnell den Arm zu heben, wie der nächste gelbe Wagen vor einem hält. Die Taxis sind nahezu überall, rund um die Uhr, man sitzt bequem, der Beförderungstarif ist verhältnismäßig fair. Kein Grund zur Klage - wenn man mal davon absieht, dass die meisten Taxistas mit einer Hektik unterwegs sind, als ginge es darum, Nico Rosberg zu überrunden.

Die offiziellen Taxis haben es aber auch deshalb so eilig, weil die inoffizielle Konkurrenz immer weiter aufholt. Zumindest aus der Sicht einer wachsenden Zahl von Kunden ist Brasilien nämlich auch ein Uber-Paradies. Die offiziell registrierten Taxifahrer protestieren seit Monaten vehement gegen den privaten Fahrdienst. Am vergangenen Freitagnachmittag ließen sie deshalb kollektiv ihre Autos stehen, da, wo sie gerade waren. Das löste ein größeres Verkehrschaos aus als alle bisherigen Massenproteste gegen Präsidentin Dilma Rousseff zusammen. Ausgerechnet der Hobbytaxifahrer Paes verkündete daraufhin, beim nächsten Taxistreik werde er allen beteiligten Fahrern die Lizenz entziehen. Seither ist erst recht die Hölle los.

In Brasiliens größer Stadt São Paulo begegnen die Behörden dem Kleinkrieg um Uber mit kreativeren Methoden. Die charmante Idee ist, den Service der Taxis zu verbessern, um den halblegalen Billigkonkurrenten aus dem Markt zu drängen. São Paulo hat deshalb einen Verhaltenskodex erlassen. Unrasierten und schlecht frisierten Taxifahrern droht seither ein Bußgeld von 8,25 Euro. Sie dürfen auch nicht mehr in kurzen Hosen am Steuer sitzen, nicht mehr fluchen und sich nicht mehr über Fußball aufregen. Wer das für einen schlechten Witz hält, liegt gar nicht so ganz falsch. Die brasilianischen Taxirennfahrer sind in der Regel nämlich sehr ordentlich gekleidet, extrem freundlich und über ihre wankenden Fußballhelden regen sie sich schon lange nicht mehr auf. Zielführender ist dann wohl doch der Generaltaxistreik von Rio. Wenn alle Straßen blockiert sind, kommen auch die Autos von Uber nicht mehr durch.

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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