Bei uns in New York:Armut zeigt sich im Schulranzen

In dieser Woche hat in New York die Schule begonnen. Wer woher kommt, sieht man in den Schulranzen, denn die Eltern müssen Papier, Stifte, Hefte und anderes Material selbst kaufen.

Von Kathrin Werner

Die langen Sommerferien sind vorbei, in dieser Woche hat in New York die Schule begonnen. Die Kinder kehren zurück, erzählen ihren Klassenkameraden von Feriencamps oder Reisen nach Europa - oder eben nicht. Die Ärmeren sind in der Stadt geblieben und können höchstens von den Tagen berichten, als es so heiß war, dass man die Feuerwehr-Hydranten aufdrehen lassen und im Wasser planschen durfte.

Die Ungleichheit zwischen Arm und Reich in der Stadt wächst und zeigt sich auch hier: in den Schulen. Fast ein Drittel aller Kinder in der größten Stadt der Vereinigten Staaten lebt unter der Armutsgrenze, laut der Organisation Citizens' Committee for Children of New York sind es mehr als 500 000. Viele reiche Familien schicken ihre Kinder in Privatschulen, die pro Jahr leicht 40 000 Dollar kosten. Trotzdem trifft sich in den öffentlichen Schulen der Stadt das ganze Spektrum der sozialen Schichten, darunter auch 84 000 obdachlose Kinder.

Wer woher kommt, sieht man in den Schulranzen. Früher stellten amerikanische Schulen den Kindern die wichtigsten Dinge zur Verfügung, die Kinder mussten kaum etwas selbst kaufen. Doch die Zeiten sind vorbei. Seit die Budgets der öffentlichen Schulen immer weiter schrumpfen, müssen die Schüler immer mehr Papier, Stifte, Hefte, Scheren, Kleber und anderes Material mitbringen. In den öffentlichen Schulen ist es sogar üblich, selbst Küchenpapier und Reinigungsmittel in die Schule zu schleppen, um den Tisch sauber zu machen. Die Ausgaben, die Familien zum Schulanfang haben, sind laut dem Einzelhändler-Verband National Retail Federation in den vergangenen zehn Jahren um 42 Prozent gestiegen. Im Schnitt gebe eine Familie pro Kind 630 Dollar aus - inklusive zum Beispiel auch neuer Klamotten.

Große Einzelhändler wie Walmart oder Target haben Sonderangebote und werben etwa mit einer Vorauswahl an Dingen, die die Kleinen brauchen könnten. Manche Schulen schreiben extra große Zahlen auf die Liste der Utensilien, die die Kinder für das Schuljahr mitbringen müssen, zum Beispiel 100 Bleistifte, damit welche übrig sind für die Schüler, die ganz ohne kommen - Umverteilung im kleinen Stil. Andere Lehrer geben auf und kaufen die Materialien einfach selbst, was viel verlangt ist, weil amerikanische Lehrer wenig verdienen. In den Obdachlosenunterkünften und manchen Kirchen liefen den ganzen Sommer über Sammelaktionen für die "Back to School"-Zeit. Genug zusammen für alle kam nicht.

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