Beginn des Zivilprozesses gegen Ecclestone:Wo Geld und Macht zusammentreffen

(FILE) Bernie Ecclestone Indicted For Bribery In German Case F1 Grand Prix of Great Britain - Practice

Fehlte beim Prozessauftakt: Bernie Ecclestone

(Foto: Getty Images)

Zumindest das Ambiente hätte dem Angeklagten gefallen: In einem pompösen Londoner Gerichtssaal hat der Zivilprozess gegen Formel-1-Impressario Bernie Ecclestone begonnen. Der Münchner Filmkonzern Constantin will mehr als 100 Millionen Euro - weil Ecclestone den BayernLB-Banker Gribkowsky geschmiert haben soll.

Von Björn Finke, London

Es ist eine Kathedrale des Rechts. Ein pseudo-gotischer Koloss aus viktorianischer Zeit, an der Grenze zwischen City of London, dem Zentrum des Geldes, und City of Westminster, dem Zentrum der Macht im Vereinigten Königreich. Die Eingangshalle der Royal Courts of Justice ist 25 Meter hoch, durch riesige, mit Glasmalerei verzierte Fenster strömt buntes Licht. Hier residiert unter anderem der höchste Zivilgerichtshof Großbritanniens, der sich mit teuren Schadenersatzklagen beschäftigt.

Teure Klagen wie die Rechtssache "HC11C02586, Constantin Medien AG vs. Ecclestone & others". Am Dienstag eröffnete Richter Richard Newey das Zivilverfahren, mit dem der Münchner Sport- und Filmkonzern Constantin Medien bis zu 144 Millionen Dollar vom Formel-1-Impressario Bernard "Bernie" Ecclestone und seinen Geschäftsfreunden eintreiben will.

Der Prozess wird wohl sechs Wochen dauern und soll die Frage beantworten, ob die BayernLB 2005 ihre Anteile am Betreiber der Rennserie deswegen zu billig verkaufte, weil Formel-1-Chef Ecclestone dem damaligen Bankvorstand Gerhard Gribkowksy 44 Millionen Dollar hatte zukommen lassen. Constantin hatte die Anteile 2003 an die Bank abgegeben, doch bei einem guten Weiterverkaufspreis hätten der Firma Millionenzahlungen als später Ausgleich zugestanden. Aber die Bank schlug das 47-Prozent-Paket für 814 Millionen Dollar eher günstig los.

Weil Ecclestone Gribkowsky geschmiert hatte?

Gribkowsky wurde jedenfalls bereits wegen Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Münchner Staatsanwaltschaft hat Ecclestone wegen Bestechung angeklagt. Daher werden sowohl die Münchner Ermittler als auch die BayernLB mit Interesse beobachten, was Constantin und Ecclestone in London vorbringen. Der Formel-1-Chef beteuert seine Unschuld - und hat bislang immer alle Vorwürfe zurückgewiesen..

Ecclestone selbst wird wohl erst Ende nächster Woche auftreten. Als Chef des weltweiten Rennzirkus ist er ein glamouröses Umfeld gewohnt, da hätte ihm das Hauptgebäude der Royal Courts of Justice gefallen. Doch leider findet das Verfahren zwei Straßen weiter statt, in dem Ergänzungsbau Rolls Building, einem zweckmäßigen Bürokomplex, eröffnet 2011 von der Queen und eins der größten Gerichtsgebäude der Welt. Sicher keins der schönsten.

Akten, kistenweise

Im dritten Stock, in Saal 26, sitzt Richter Newey an einer langen erhöhten Bank, die Lampe mit dem grünen Glasschirm vor ihm ist ein schöner Kontrast zu seinem roten Binder. Rechts unter ihm das Anwaltsteam von Constantin, geführt von Kronanwalt Philip Marshall. Links die Teams der drei Parteien, von denen die Firma Geld will: von Ecclestone, seiner Familienstiftung Bambino sowie von Stephen Mullens, dem langjährigen Anwalt Ecclestones und der Formel 1.

Ein schmuckloser Saal, die Halogenröhren brummen, in allen freien Ecken stehen Pappkisten voller Akten, aus denen die Beteiligten in den kommenden Wochen vorlesen werden. Die wichtigsten Ordner für Richter Newey stehen direkt hinter ihm auf einem Aktenrondell, einem drehbaren Säulenregal. Constantins Anwalt Marshall gibt ihm immer mal wieder Anlass, einen Ordner herauszugreifen; "Ordner D8, Seite 2182" sagt er dann etwa.

Dienstag ist der Tag für Kronanwalt Marshall, er trägt die Sicht Constantins vor: Der Verkauf der Anteile durch die BayernLB zu dem günstigen Preis sei "signifikant zum Vorteil Ecclestones und zum Nachteil der Bank" gewesen - und damit auch zum Nachteil Constantins. Ob der Richter das auch so sieht, werden die nächsten Wochen zeigen.

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