Bedenken gegen Opel-Verkauf:GM spielt auf Zeit

Der Verkauf von Opel an Magna gerät ins Wanken. Ein Teil der GM-Führung hat starke Bedenken und ein "Plan B" liegt griffbereit in der Schublade. Platzt nun der Deal?

Thomas Fromm

Es war nicht das erste Mal, dass GM-Chefunterhändler John Smith den Weg über seinen Internet-Blog wählte, um Neuigkeiten zum geplanten Opel-Verkauf zu verbreiten. So auch am Freitag. Was er mitzuteilen hatte, sorgte für Aufregung: Erst am 3. November werde sich der GM-Verwaltungsrat mit dem Verkauf an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und den Bedenken der EU-Kommission befassen können. Bis dahin heißt es: abwarten.

Wäre der Termin für die Unterzeichnung des Kaufvertrags nicht schon mehr als einmal verschoben worden, und wäre die Finanznot Opels nicht so groß, wäre die Nachricht wohl weniger dramatisch eingeschlagen. So aber kochte gleich nach dem Eintrag des Bloggers die Gerüchteküche: Der Deal mit Magna drohe zu scheitern, hieß es. Da passte es, dass seit langem schon über "Plan B" berichtet wird, der in den GM-Schubladen verschlossen liegt. Sein Inhalt: Die Amerikaner könnten Opel behalten, sich selbst um notwendige Milliardenbürgschaften kümmern und die Sanierung in Eigenregie durchziehen. Mit Tausenden von Stellenstreichungen - Werksschließungen in Deutschland inklusive.

Zwei Lager

Hintergrund für die immer wieder auftauchenden Gerüchte: Innerhalb der GM-Führung gibt es zwei Lager - eines, das für den Opel-Verkauf plädiert. Ein anderes, das den deutschen Autobauer am liebsten behalten würde, um von seiner Technologie langfristig zu profitieren. Am liebsten mit einer deutschen Staatsbürgschaft.

Es geht seit Wochen hin und her: Nach ein monatelangen Verhandlungen hatte GM Anfang September empfohlen, 55 Prozent von Opel an den Autozulieferer Magna zu verkaufen. 35 Prozent des Ex-Europageschäfts, zu dem auch die britische Marke Vauxhall gehört, sollen in den Händen der bisherigen Opel-Mutter bleiben, 10 Prozent bekommen die Arbeitnehmer im Gegenzug für ihre eigenen Beiträge zur Sanierung des Autobauers.

Die Idee fand bei den Arbeitnehmer Anklang - ganz im Gegensatz zu "Plan B", dessen Pläne vor den heimischen Standorten nicht Halt machen würden. "Solche Spekulationen sind überzogen", kommentierte dann auch Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz die Gerüchte, Opel bleibe bei GM. Ohnehin drängt die Zeit: Die hessische Landesregierung verwies darauf, dass die im Juni Opel eingeräumte staatliche Brückenfinanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro am 30. November ausläuft.

Empörung bei Opel-Belegschaft

Der Opel-Betriebsrat reagierte mit Empörung auf die erneute Verschiebung des Termins und warnten indirekt vor einer strategischen Kehrtwende bei GM. Die Beschäftigten und die Gewerkschaften, so Franz, seien ,"nicht bereit und willens, einen Cent an Arbeitnehmerbeiträgen für General Motors abzugeben". Mit der erneuten Verzögerung habe General Motors den Bogen überspannt und sei dabei, das letzte Vertrauen bei Beschäftigten und Gewerkschaften in der Öffentlichkeit zu verspielen.

Offiziell hat sich GM nur vor allem mehr Zeit gegeben: Um eine rechtliche Klarstellung an die EU-Kommission zu senden, aus der hervorgehen soll, dass die Entscheidung für Magna und seinen russischen Partner Sberbank ohne politischen Druck der Bundesregierung geschah. Die Gefahr: Andernfalls könnte von Brüssel das Rettungspaket über insgesamt 4,5 Milliarden Euro für Opel blockiert werden. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hatte erst vor einer Woche von GM und der Opel-Treuhand eine Erklärung gefordert, dass alle Bieter die gleichen Chancen hatten und kein politischer Druck ausgeübt wurde, um den Verkauf an Magna durchzusetzen.

Auch die Bundesregierung gerät wegen des Opel-Hickhacks unter Druck. Sie hatte GM-Chef Fritz Henderson vor wenigen Tagen aufgefordert, die Entscheidung rasch zu fällen. In einem Brief vom 17. Oktober schrieb Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), die von der Europäischen Kommission erhobenen Einwände gegenüber dem geplanten Verkauf an Magna sollten schnell aus der Welt geräumt werden. Die nordrhein-westfälische Landesregierung wies Gerüchte über ein mögliches Scheitern der Opel-Übernahme durch Magna als "wilde Spekulation" zurück. Es gebe "keinerlei Anzeichen für einen Kurswechsel", sagte ein Sprecher der Staatskanzlei am Freitag.

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