BayernLB in der Krise:Sparkassen retten sich vor der Landesbank

Trennung von der angeschlagenen BayernLB: Die kommunalen Kreditinstitute steigen aus - und sind froh, nicht mehr für die Risiken haften zu müssen.

Der Ort der Zusammenkunft ist passend gewählt. Am Freitag treffen sich die Vorstandschefs der Sparkassen aus ganz Bayern, zahlreiche Oberbürgermeister und Landräte um 10.30 Uhr in der Versicherungskammer in München, um sich über das Desaster bei der Landesbank zu informieren. Und um sich bei einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung sagen zu lassen, was aus dem angeschlagenen Finanzinstitut wird, das den Sparkassen zur Hälfte gehört. Die andere Hälfte der Bayerischen Landesbank (BayernLB) befindet sich im Besitz des Freistaats.

BayernLB in der Krise: Braucht mehr Milliarden als bislang gedacht: die BayernLB.

Braucht mehr Milliarden als bislang gedacht: die BayernLB.

(Foto: Foto: ddp)

Es geht, glaubt man den Sparkassenvertretern, ums nackte Überleben. Die 75 Sparkassen von Aschaffenburg bis Passau mit ihren gut 2500 Filialen, 47000 Mitarbeitern und mehreren Millionen Kunden wollen die Gefahr bannen, "mit in den Abgrund gerissen zu werden", sagt ein führender Funktionär des Sparkassenverbandes. Die kommunalen Kreditinstitute, die von den Städten und Landkreisen betrieben werden, wollen Sicherheit. Und kein Treffpunkt wäre da besser geeignet als die Versicherungskammer, bei der sich die Bürger vor allen möglichen Risiken schützen können. Jetzt retten sich dort die Sparkassen vor ihrer eigenen Bank, der Landesbank.

Zukunft schon ausgehandelt

Was aus der BayernLB wird, haben Regierungschef Horst Seehofer und Finanzminister Georg Fahrenschon mit Siegfried Naser, dem Präsidenten des Sparkassenverbands, bereits ausgehandelt. Der Freistaat steht für die Risiken bei der Landesbank gerade, die sich inzwischen auf zehn Milliarden Euro belaufen. Die Sparkassen müssen nichts beisteuern, im Gegenzug müssen sie fast alle ihre Anteile an der BayernLB an das Land abgeben.

Die kommunalen Kreditinstitute hätten dann nichts mehr zu sagen bei der Landesbank, sie müssen aber auch nicht mehr für die verlustreichen Geschäfte der BayernLB haften. Das ist die wichtigste Botschaft für die Sparkassen und ihre Kunden. "Durch dieses Engagement des Freistaats sind die Sparkassen auf der sicheren Seite", sagt Memmingens Oberbürgermeister Ivo Holzinger (SPD), einer der drei Stellvertreter von Sparkassenpräsident Naser.

Wer in diesen Tagen mit Sparkassenvertretern spricht, spürt förmlich deren Angst, im BayernLB-Strudel mit unterzugehen. "Am Anfang brauchte die Landesbank ein paar Millionen Euro, dann wurden es zwei Milliarden, vor einem Monat waren es 6,4 Milliarden, und jetzt sind es zehn Milliarden", stöhnt ein Sparkassenchef. Niemand wisse, was in den nächsten Wochen und Monaten noch alles passiere.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum der Fahrplan für den Ausstieg eine einfache Rechnung ist.

Sparkassen retten sich vor der Landesbank

Ein "Ende mit Schrecken" sei da besser als ein "Schrecken ohne Ende", sagt der Sparkassenchef. "Die zehn Milliarden Euro reichen wahrscheinlich nicht", sagt ein Verbandsfunktionär. Quer durch Bayern wehren sich Stadtoberhäupter parteiübergreifend vorsorglich dagegen, dass ihre Kreditinstitute nun zahlen sollen. "Es kann niemand gedient sein, wenn man die Sparkassen hinzuzieht und die dadurch gefährdet", sagt Hans Schaidinger (CSU) aus Regensburg, Präsident des Bayerischen Städtetags. Sein Nürnberger Kollege Ulrich Maly (SPD) pflichtet ihm bei. "Es wäre ein Witz, wenn die Sparkassen bluten müssten."

Angst um die Einlagen

Der Fahrplan für den Ausstieg ist längst geschrieben. Es ist eine einfache Rechnung: Der Freistaat stemmt die notwendige Kapitalerhöhung in Milliardenhöhe ohne die Sparkassen, deren Anteil an der Landesbank sinkt dadurch auf unter 20 Prozent. Die Staatsregierung steuert die Staatsbank dann allein. Verabredet ist offenbar auch schon, dass sich die Vertreter der Sparkassen im zehnköpfigen Aufsichtsgremium der BayernLB, dem Verwaltungsrat, zurückziehen.

Mittelfristig sei auch ein Komplettausstieg aus der BayernLB denkbar, sagt ein Sparkassenmanager. Schon melden sich die ersten Kommunalpolitiker zu Wort, die das für die beste Lösung halten. Erlangens Oberbürgermeister Siegfried Balleis (CSU) schlägt vor, die Sparkassen sollen sich in den nächsten ein bis zwei Jahren ganz aus der BayernLB zurückziehen. "Wir brauchen die Landesbank nicht mehr." Auch Klaus Grünewald, der sich im Landesverband Bayern der Gewerkschaft Verdi um die Banken kümmert, plädiert für einen vollständigen Rückzug der Sparkassen. "Alles andere würde keinen Sinn mehr machen."

Die schon seit Jahrzehnten währende Partnerschaft, die sich nun dem Ende zuneigt, könnte die Sparkassen noch viel Geld kosten. Die kommunalen Kreditinstitute haben 1,4 Milliarden Euro Grundkapital in der Landesbank stecken. Schon sorgen sich erste Sparkassenchefs um diese Einlagen, sollte sich die Lage bei der BayernLB noch weiter zuspitzen. "Wir hoffen, dass wir unser Geld zurückbekommen werden und nicht abschreiben müssen", sagt ein Sparkassenmanager. Mehrere Verbandsfunktionäre befürchten, von den Einlagen werde nicht viel übrig bleiben. Das träfe dann alle Sparkassen mit teilweise hohen Millionenbeträgen. "Das wäre bitter, aber verkraftbar", sagt ein Top-Funktionär. Ein Kollege pflichtet ihm bei. "Überleben würden wir das schon, aber schön wäre es nicht."

Der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) befürchtet noch schlimmere Konsequenzen. Ihm ist schleierhaft, wie der Freistaat es schaffen will, die Landesbank allein zu retten. "Machen wir uns nichts vor: Sollten die Verluste der BayernLB den Freistaat treffen, dann trifft es - so oder so - anschließend direkt die Kommunen." Nur ein Kommunalpolitiker sieht die Sache anders als seine Kollegen. Oberbürgermeister Alfred Lehmann aus Ingolstadt (CSU) sagt, die Sparkassen sollten sich schon an der Rettung der BayernLB beteiligen. "Schließlich haben sie ja früher auch von deren Gewinnen profitiert."

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