Bayer:Die Mischung macht's

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Alle reden über Saatgut und die Übernahme von Monsanto. Zum Geschäft von Bayer gehören aber immer noch Tabletten und Salben. Mitarbeiter reinigen die Rührstäbe eines Salbenmischers zur Herstellung von Bepanthen. (Foto: Bayer Healthcare/dpa)

Bayer kommt mit der Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto gut voran. Bis Ende 2017 soll alles unter Dach und Fach sein. Und ein Gespräch mit Präsident Trump ist auch schon geschafft.

Von Elisabeth Dostert, Leverkusen

Manager reden gern darüber, welchen Sport sie betreiben, damit der Zuhörer oder Leser von der Leibesübung auf den Mann schließe. Marathon ist beliebt. Wer solche Strecken schafft, muss wohl ganz generell ein Mensch mit Ausdauer sein, so die simple Botschaft.

Werner Baumann, der Vorstandsvorsitzende des Pharma- und Agrochemiekonzerns Bayer, ist "überzeugter Nicht-Sportler". Trotzdem verglich er am Mittwoch in der Bilanzpressekonferenz die Übernahme des US-Konzerns Monsanto mit einem Rennen. "Natürlich ist eine Übernahme in dieser Größenordnung kein Sprint, sondern eher ein Marathon. Aber wir haben schon einen großen Teil der Wegstrecke zurückgelegt." Auf eine Kilometerzahl wollte er sich dann doch nicht festlegen. "Ob 22 oder 24 oder 27 Kilometer. Das ist nicht so besonders relevant. Das wäre auch total subjektiv." Hauptsache: Sie laufen.

Bayer will den US-Saatgutkonzern für 66 Milliarden Dollar übernehmen. Im Mai trafen sich Baumann und Monsanto-Chef Hugh Grant zum ersten Mal. Im September wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Im Dezember stimmten die Aktionäre von Monsanto fast einstimmig der Übernahme zu. Bei zwei Dritteln der etwa 30 Behörden, deren Genehmigung Bayer und Monsanto brauchen, sei bereits ein Antrag gestellt worden, unter anderem beim US-Justizministerium und bei CFIUS, dem Ausschuss zur Kontrolle von Auslandsinvestitionen in den USA. Der Antrag in Europa, er sollte im ersten Quartal erfolgen, verzögere sich um "einige Wochen". Die EU-Kommission habe weitere Unterlagen angefordert. Als Indiz für große Auflagen sei das nicht zu verstehen. Monsanto und Bayer seien sowohl geografisch als auch im Produktsortiment "sehr komplementäre Unternehmen", versichert Vorstand Liam Condon, er ist für das Agrargeschäft zuständig. Es gebe wenig Überlappungen.

Die Kartellbehörden haben in der Agrochemie-Industrie gerade viel zu tun. Der Markt für Saatgut und Pflanzenschutz wird gerade neu verteilt. Die US-Konzerne Dow Chemical und Dupont wollen zu einem Giganten im Wert von 130 Milliarden Dollar fusionieren. Der chinesische Staatskonzern Chem China bietet 43 Milliarden Dollar für den Schweizer Konzern Syngenta. Alle bedienen sich der gleichen Argumente. Die Weltbevölkerung wächst, und sie will essen. "Wir müssen die Welt ernähren", sagt Condon: "Wir müssen die Erträge steigern. Das geht nur mit Innovationen." Und das soll zusammen besser gehen. Baumann bleibt dabei: Er will die Transaktion bis Ende 2017 abschließen.

Für 2016 vermeldeten Baumann und Finanzvorstand Johannes Dietsch ein paar Rekorde. Der Umsatz (46,8 Milliarden Euro) und das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (11,3 Milliarden Euro) sind "so hoch wie nie zuvor". Die Dividende soll um 20 Cent auf 2,70 Euro steigen. Die Finanzierung der Übernahme läuft. Im September sei mit fünf Banken eine Finanzierungsvereinbarung über 57 Milliarden Dollar unterzeichnet worden, sagte Dietsch: "Dies ist der größte Bankkredit, den ein deutsches Unternehmen jemals aufgenommen hat, und die drittgrößte Akquisitionsfinanzierung weltweit." Mit der Refinanzierung komme Bayer "gut voran". Eine Pflichtwandelanleihe über vier Milliarden Euro hat Bayer im November platziert, weitere sollen folgen, und Bayer will sich über eine Kapitalerhöhung Geld bei seinen Aktionären holen. Von der 64-prozentigen Beteiligung an der Kunststofftochter Covestro will sich Bayer, wie beim Börsengang im Herbst 2015 angekündigt, "mittelfristig" trennen.

Für 2017 äußerte sich Baumann zuversichtlich. Der Umsatz soll auf mehr als 49 Milliarden Euro steigen, das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis im "mittleren einstelligen Prozentbereich". Monsanto fließt 2018 erstmals in die Rechnung ein, wenn es so läuft, wie Baumann will. Die Kosten der Integration veranschlagt Finanzvorstand Dietsch auf 1,8 bis 2,4 Milliarden Dollar. Dem gegenüber stehen "ab Jahr vier" nach Abschluss der Transaktion jährliche Synergieeffekte von 1,5 Milliarden Dollar, davon entfallen 1,2 Milliarden Dollar auf Kosteneinsparungen.

Sehr eilig hatten es der Nicht-Sportler Baumann und Monsanto-Chef Grant, im Januar mit Donald Trump über die Übernahme zu reden. Es war eine "sehr, sehr gute und konstruktive Diskussion" über die Zukunft der Landwirtschaft. Der neue US-Präsident Trump habe verstehen wollen, was aus der Kombination beider Unternehmen an zusätzlicher Innovationskraft erzeugt werde und wie vor allem in den USA mit ihrer großen Agroindustrie die Landwirte besser bedient werden könnten. Über die Pharmaindustrie haben sie auch noch kurz gesprochen. In einem seiner Tweets hatte Trump mit Blick auf die hohen Preise für Arzneimittel in den USA gewettert, dass die Pharmakonzerne "mit allem davonkommen". Über Freihandel und die Gefahr von Emotionen im politischen Geschäft, die Baumann mit Sorge in Europa sieht, sprachen sie nicht. "Wir hatten ein sehr gutes und nettes Gespräch. Wir haben Herrn Trump als sehr interessierten und aufmerksamen Gesprächspartner wahrgenommen", erzählt Baumann. "Ich soll Ihnen allen schöne Grüße bestellen."

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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