Bauspar-Serie (1):Die Bausparer sind zurück

Galt das Bausparen vor einigen Jahren noch als altmodisch, erlebt es derzeit geradezu einen Boom. Nie zuvor haben so viele Deutsche einen Bausparvertrag abgeschlossen wie im Jahr 2003.

Von Simone Gröneweg

Für Spötter mögen Bausparer eher eine langweilige Spezies sein. Die Werbung der Landesbausparkassen lehrt allerdings Anderes.

Ihre Botschaft: Wer mit 35 nicht mehr bei Mutti wohnen will, sollte besser bausparen. Dieser Aufforderung sind im vergangenen Jahr in Deutschland mehr Menschen nachgekommen als jemals zuvor. Rund fünf Millionen neuer Verträge wurden abgeschlossen.

Insgesamt 26 Millionen Bausparer in Deutschland

Die Bausparsumme — sie setzt sich zusammen aus dem Bausparguthaben und dem Darlehen — erhöhte sich um 106 Milliarden auf 703,9 Milliarden Euro. Die elf Landesbausparkassen haben nach eigenen Angaben derzeit mehr als 9,5 Millionen Kunden. Zusammen mit den Kunden der 16 privaten Institute summiert sich die Zahl der Bausparer damit auf 26 Millionen.

Etwa 99 Milliarden Euro hatten die Deutschen im Jahr 2002 bei den Kassen angelegt. Zum Vergleich: Zur selben Zeit steckten rund 166 Milliarden Euro ihres Vermögens in Aktien.

Gemeinsames Ziel: Sparen für eine Immobilie

Während der Aktionär sich an einem Unternehmen beteiligt — und zwar mit allen Chancen und Risiken — , wird der Bausparer Mitglied eines Kollektivs. Das erklärte Ziel der Beteiligten: Sie wollen gemeinsam für eine Immobilie sparen.

Und deshalb überweist jeder Monat für Monat eine bestimmte Summe. Alle Beiträge fließen in einen großen Topf. Der einzelne Sparer hat jedoch ein individuelles Konto und erhält Zinsen für sein Erspartes.

Mindestens sieben Jahre Laufzeit

Sind mindestens 40 Prozent der vereinbarten Bausparsumme auf dem Konto, ist der Vertrag in der Regel zuteilungsreif. Voraussetzung ist meist auch, dass der Kunde den Bausparvertrag mindestens schon sieben Jahre hält. Erst dann bekommt er den noch fehlenden Teil der Bausparsumme als zinsgünstiges Darlehen vorgestreckt.

Anleger schonen ihre Nerven

Noch Ende der 90er Jahre litten die Bausparkassen unter Kundenschwund: "Die Yuppies strömten an die Börsen", sagt Gert Haller, Vorsitzender des Verbandes der Privaten Bausparkassen.

Mittlerweile schont aber offenbar so mancher Sparer seine Nerven und das lädierte Portfolio mit einem Bausparvertrag. "Viele Leute haben sich am Aktienmarkt die Finger verbrannt", sagt Reiner Braun, Vermögensanalyst beim Institut empirica. Anschließend hätten sie nach sicheren Anlagemöglichkeiten gesucht, erklärt der Forscher.

Zudem diskutierten die Politiker zwei Jahre hintereinander über das Abschaffen der Eigenheimzulage. Die Folge: Das so genannte Dezemberfieber brach aus. Kurz vor Jahresende kauften viele eine Immobilie, um sich den staatlichen Zuschuss zu sichern.

Mehr Abschlüsse wegen Wohnungsbauprämie

Gleichzeitig stieg die Zahl der Bausparverträge, die für Finanzierungen eingesetzt wurden. Auch das Gezerre um die Wohnungsbauprämie — sie stand im vergangenen Jahr ebenfalls auf der Streichliste der rotgrünen Koalition — trieb die Zahl der Neuabschlüsse in die Höhe. Es habe schon fast wieder ein Herdentrieb eingesetzt, beschreibt Braun den Trend.

Kritisch sieht das Achim Tiffe vom Institut für Finanzdienstleistungen: "Oftmals werden Verträge mit zu hohen Bausparsummen abgeschlossen." Seiner Ansicht nach ist der Bausparvertrag kein zeitgemäßes Produkt mehr: "Zu unflexibel", sagt er.

Etliche Anleger hätten ihr Geld zwischengeparkt, vermutet Tiffe außerdem und verweist auf die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt.

Baby-Boom-Generation

Doch die meisten Sparer wollen wohl nach wie vor den Traum vom Eigenheim verwirklichen. "Das trifft vor allem auf die Baby-boomer-Generation zu, also die in den 60er Jahren Geborenen", sagt Braun. Bei dieser Altersklasse sei die Eigentumsquote noch gering. Und so schlossen bei den privaten Bausparkassen von 2000 bis 2002 vor allem die 30 bis 40-Jährigen neue Bausparverträge ab.

Das Interesse der Freiberuflicher und Selbstständigen ist eher gering, Angestellte und Arbeiter dagegen sind die klassischen Bausparer. Vermögensforscher Braun unterteilt die Nutzer in zwei Gruppen:

"Junge Anleger, die sich eine Immobilie anschaffen wollen oder gerade gekauft haben, und die Bausparer um die 50, die das Geld für eine Renovierung oder ähnliches verwenden wollen." Die würden in der Regel auch Verträge mit niedrigen Bausparsummen abschließen.

Bausparer setzen auf staatliche Zuschüsse

"Deswegen werden die Volumina der Bausparverträge in den nächsten 25 Jahren sinken", prognostiziert er. Braun ist jedoch sicher: "So lange es staatliche Zuschüsse gibt, wird es auch Bausparer geben."

Ob das derzeit hohe Niveau gehalten werden kann, sei zweifelhaft, heißt es in der Branche. "Wir rechnen auch 2004 mit einem guten Bausparjahr", zeigt sich Christoph Siemons, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank Bauspar AG, allerdings optimistisch.

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