Bankia Madrid:Spanien verstaatlicht taumelnde Großbank

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Dramatische Wende in der spanischen Bankenkrise: Der Staat übernimmt die Kontrolle über die kriselnde Großbank Bankia, in deren Büchern faule Kredite in Milliardenhöhe schlummern. Die Initiative zur Verstaatlichung ging nicht von der konservativen Regierung aus - sie kam aus der Bank.

Zur Stabilisierung des angeschlagenen Finanzsektors übernimmt Spanien die Kontrolle über die viertgrößte Bankengruppe des Landes. Das Wirtschaftsministerium in Madrid teilte am späten Mittwochabend mit, der Staat stütze mit 4,5 Milliarden Euro den schwankenden Sparkassenkonzern Bankia. Dazu habe die Regierung auf Bitten des Unternehmens einen indirekten Anteil von 45 Prozent über den Mutterkonzern BFA gekauft.

Übernahme durch den Staat: Zentrale der Bankia in Madrid (Foto: AFP)

Die Initiative zu der Verstaatlichung ging offenbar nicht von der konservativen Regierung aus - sondern kam von der Bank selbst: Bankia-Präsident José Ignacio Goirigolzarri hatte zuvor eine Verstaatlichung der Bank in Teilen vorgeschlagen.

Das Geldinstitut gilt als der größte Problemfall im spanischen Finanzsektor. In den Büchern von Bankia schlummern faule Kredite im Wert von mehr als 30 Milliarden Euro. Es wird damit gerechnet, dass die spanische Regierung mindestens weitere zehn Milliarden Euro in die Bank stecken muss. Einige Analysten erwarten sogar einen noch höheren Rettungsbetrag, damit das Institut nicht pleite geht. Bankia hat etwa zehn Millionen Kunden.

Seit Beginn der Finanzkrise hat die spanische Regierung sieben kleinere Sparkassen übernommen. Der Kauf des viertgrößten Geldhauses Bankia ist die bislang größte Übernahme zur Eindämmung der Kredit- und Schuldenkrise in dem Euro-Land. Spanien leidet nicht nur unter einer Rezession und hoher Arbeitslosigkeit, sondern auch unter den Folgen einer geplatzten Immobilienblase.

Die Regierung in Madrid arbeitet mit Hochdruck an der Sanierung des Finanzsektors. Ein mit großer Spannung erwartetes Paket dazu soll auf der wöchentlichen Kabinettssitzung an diesem Freitag beschlossen werden. Auch wegen der Probleme im Bankensektor befürchtet die EU-Kommission nach Angaben aus Diplomatenkreisen, dass Spanien ohne Kursschwenk seine Sparziele dieses und nächstes Jahr verfehlen dürfte. Ministerpräsident Mariano Rajoy hält Regierungskreisen zufolge aber an den Sparvorgaben fest. Es gebe keine Pläne, die Defizitziele abermals zu lockern.

"Wir wissen, was zu tun ist, und wir werden es tun"

Die Regierung werde auf ihrer Kabinettssitzung an diesem Freitag "und auch schon vorher" Entscheidungen treffen mit dem Ziel, die kriselnden Banken zu sanieren, sagte der Konservative Rajoy am Mittwoch in der portugiesischen Hafenstadt Porto.

Rajoy wollte sich nicht konkret zu den Plänen der Regierung für die Zukunft der Großbank Bankia äußern. Er appellierte lediglich an den Bankensektor, die Ruhe zu bewahren. "Wir wissen, was zu tun ist, und wir werden es tun", sagte der Regierungschef.

Wie aus Finanzkreisen verlautete, will die Regierung von den Geldinstituten fordern, noch höhere Kapitalreserven als bisher zur Abdeckung "fauler Kredite" zurückzulegen. Dies sehe eine Bankenreform vor, die an diesem Freitag vom Kabinett verabschiedet werden soll. Nach Angaben der Regierung beläuft sich das Gesamtvolumen der Immobilienkredite spanischer Banken auf 320 Milliarden Euro. Davon wurden 180 Milliarden als "giftig" eingestuft.

Für die Euro-Krisenländer Spanien und Italien hatte sich die Lage auf den Finanzmärkten zuvor wieder deutlich verschlechtert. In der viertgrößten Euro-Wirtschaft Spanien stieg die Rendite für zehnjährige Staatspapiere am Mittwoch erstmals seit Mitte April wieder über die Marke von sechs Prozent. Unter Druck standen auch italienische Staatstitel.

In Spanien rutschten infolge der Sorge vor einer weiteren Zuspitzung der Schuldenkrise in der Eurozone die Aktien der Finanzhäuser kräftig ab. Die Titel der BBVA sackten in Madrid um 5,48 Prozent auf 4,971 Euro ab und die der Banco Santander büßten ähnlich deutliche 5,49 Prozent auf 4,595 Euro ein.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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