Bankgeschäfte:Wenn der Kontowecker klingelt

Banken Flüchtlinge Geldautomat

Am Geldautomaten: Wer das Konto überzieht, soll benachrichtigt werden.

(Foto: Marc Müller/dpa)

Die Banken geloben Besserung bei der Beratung zu den Dispo-Zinsen: Schuldner sollen in Zukunft umfassend informiert werden.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Wie hoch darf der Dispozins sein - also der Zins, den Banken ihren Kunden abknöpfen, wenn das Konto ins Minus rutscht? Seit Jahren schon streiten Verbraucherschützer und Finanzindustrie über dieses Thema. Trotz niedrigster Leitzinsen zockten die Banken die Kunden ab, so der Vorwurf, nehmen sie im Dispo doch zum Teil über zwölf Prozent Zinsen - obwohl sie sich selbst nahe null refinanzieren. Die Politik will den Instituten daher Vorgaben machen, sie zu mehr Transparenz und besserer Beratung zwingen. Weil einige Bundesländer sogar eine Obergrenzen von acht Prozent fordern, steht das Thema am Freitag auf der Tagesordnung im Bundesrat.

Pünktlich davor gelobten die Banken nun Besserung bei der Beratung. Wie ihr Dachverband am Mittwoch mitteilte, sollen die Mitgliedsinstitute ab dem 21. März 2016 die Kunden informieren, wenn sie ihren Dispokredit über drei Monate lang zu mehr als 50 Prozent in Anspruch genommen haben. Im März soll das neue Gesetz in Kraft treten, das außerdem eine Pflicht enthält, die Konditionen zu veröffentlichen. Viele Sparkassen bieten inzwischen zwar eine Art Kontowecker an, der die Kunden auf dem Laufenden hält. Bislang aber veröffentlichen viele Banken die Dispozinsen noch nicht einmal auf ihrer Webseite.

Verbraucherschützer sind daher skeptisch. "Dass Empfehlungen oder freiwillige Selbstverpflichtungen ihre Ziele nicht erreichen, hat die Kreditwirtschaft unter anderem beim Thema Girokonto für Jedermann eindrucksvoll bewiesen", sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er hält es für "naiv zu glauben, dass Banken und Sparkassen, die ihre Kunden zum Thema Dispokredit beraten, am Ende des Verkaufsgesprächs einen Vorschlag machen, bei dem sie weniger verdienen als vorher". Die Verbraucherschützer plädieren daher für den Einsatz von Schuldnerberatern, die sie hier für objektiver halten.

Eines jedoch scheint die Debatte bewirkt zu haben: Im Durchschnitt sind die Dispozinsen zuletzt weiter gesunken. Und weil die Refinanzierungs-Kosten der Banken fast gleich blieben, verdienten die Institute immer weniger am Dispo. Zuletzt lag die Marge sogar auf den tiefsten Stand seit 2003. Zu diesem Schluss kommt der Finanzierungsexperte Peter Barkow von Barkow Consulting, der den Dispo-Markt regelmäßig auf Basis von Bundesbankdaten analysiert. Barkow berechnet die Marge ausgehend von den Zinsen, welche die Banken für Tagesgeld zahlen. Das Ergebnis: Inzwischen liegt die Marge nur noch bei 8,78 Prozent, zeitweise waren es über 10 Prozent.

"Die Banken und ihr Dispozins liegen unter dem Brennglas der Öffentlichkeit, das scheint zu wirken", sagt Barkow. Aber man dürfe sich nicht täuschen: Der Dispo sei nach wie vor ein gutes Geschäft für die Banken. Mehr noch: "Oft erhöhen die Institute zeitgleich die Zinsen bei anderen weniger beachteten Produkten". So seien etwa die Margen bei Verbraucherkrediten zuletzt gestiegen.

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