Bankenverband:Chef weg, Probleme bleiben

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Wie sich der BdB nach dem Rausschmiss von Hauptschäftsführer Michael Kemmer aufstellen will.

Von Harald Freiberger und Meike Schreiber, Frankfurt

Endlich darf er dort stehen, wo er immer hin wollte: im Mittelpunkt. Hans-Walter Peters, 62, der ehrenamtliche Präsident des privaten Bankenverbands BdB, absolviert am Montag seinen ersten öffentlichen Termin nach dem Rausschmiss von Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer, 60. Peters ist Hausherr hier in der noblen Frankfurter Niederlassung der Hamburger Privatbank Berenberg, die er im Hauptberuf führt.

Entsprechend entspannt und jovial gibt er sich auf der Herbstpressekonferenz des Verbands, als er die Positionen der deutschen Privatbankenlobby vorträgt: Dass die Europäische Zentralbank ihren Kurs wechseln soll, dass die Zeit gekommen sei für einen europäischen Finanzminister, oder dass die Banken bürokratisch entlastet werden sollen. "Nach zwei Stunden Vorstandssitzung ist mein Kopf jetzt voll mit Themen", sagt Peters. Sein Hamburger Akzent wirkt dabei alles andere als elitär. Neben ihm auf dem Podium sitzen die beiden neuen Hauptgeschäftsführer Christian Ossig und Andreas Krautscheid, die bisher Kemmers Vertreter waren und ab 1. Januar in einer Doppelspitze seine Nachfolger werden.

Die Drei von der Bankstelle geben einharmonisches Bild ab, und auf den ersten Blick ist gar nicht zu erkennen, dass im Inneren des Bankenverbands eher Verunsicherung herrscht. Der von Peters vor zwei Wochen erzwungene Weggang von Kemmer hat in dem Verband, der 160 Mitarbeiter beschäftigt, tiefe Gräben aufgerissen. Ein beträchtlicher Teil der Mitarbeiter versteht nicht, warum ihr Chef gehen muss, und es ist auch schwer zu verstehen: Inhaltlich hat es Peters bis heute nicht begründet, jeder weiß, dass es sich um eine rein persönliche Geschichte handelt: "Peters konnte nicht mit Kemmer, er war eifersüchtig, weil der im Mittelpunkt der Öffentlichkeit stand und er selbst fast nicht vorkam", sagt einer, der nah dran ist. Intern begründete es Peters so, dass er kein Vertrauen zu Kemmer habe, weil dieser zu eigenmächtig agiere.

Im Vorstand sitzen Verantwortliche von Großbanken, Regionalbanken, Privatbanken und Auslandsbanken, unter ihnen Deutsche-Bank-Chef John Cryan, Commerzbank-Chef Martin Zielke, Hypo-Vereinsbank-Chef Theodor Weimer oder Emmerich Müller, Gesellschafter der Privatbank Metzler. Es gibt kaum einen, der findet, dass Kemmer in den sieben Jahren beim BdB einen schlechten Job gemacht habe. Doch sie wollten es nicht drauf anlegen und Peters die Personalie verweigern: Ober sticht Unter, und Ruhe ist erste Verbandspflicht.

Peters jedenfalls ist jetzt zufrieden. Der Verband sei nach dem Führungswechsel nun bestens gerüstet, sagt er und bildet fünf kurze Sätze, in denen oft das Wort "jetzt" vorkommt: "Wir haben jetzt eine hohe Einmütigkeit. Wir marschieren jetzt nach vorne. Wir haben jetzt die Pressearbeit auf mehrere Schultern verteilt. Wir sind jetzt mit jungen Kräften unterwegs." Das sei wichtig, weil man "riesig wichtige Themen vor der Brust" habe, sagt Peters. Die beiden künftigen Hauptgeschäftsführer geben sich derweil alle Mühe, sich als harmonisches Duo zu präsentieren. "Ob wir auch gemeinsam in den Urlaub fahren, schauen wir mal, aber fest steht, dass sich unsere Profile hervorragend ergänzen", sagt Ossig, der sich eher um das Internationale kümmert, während Krautscheid die heimische Politik im Visier hat.

Im Verband daheim in Berlin fragen sich indes viele, wie es weitergeht. Kemmer galt als offen und umgänglich, er war tief in den Regulierungsthemen drin und konnte sie so erklären, dass sie auch der Zuschauer einer TV-Talkshow versteht. Gleichzeitig sorgte er für ein gutes Betriebsklima im Verband, was vor seiner Zeit noch ganz anders war. Als vor zwei Wochen bekannt wurde, dass Kemmer Knall auf Fall gehen muss, gab es bei Mitarbeitern sogar Tränen. "Viele fanden, dass es sehr gut lief im Verband, sie sind jetzt verunsichert, weil sie nicht wissen, was der Präsident eigentlich will", sagt der Insider.

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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