Bankenrettung:Ein Verlustgeschäft für die Steuerzahler

Der staatliche Sonderfonds Soffin sollte den Bankensektor stabilisieren - und häufte dabei Verluste in Milliardenhöhe an. Der Betrag wird noch steigen, denn die Bankenrettung dauert zwei Jahre länger als geplant.

Von Markus Zydra

Christopher Pleister offenbart dem Steuerzahler die Wahrheit in schonungslosen Worten: "Bankenrettung ist kein Geschäft", sagte der Chef des Bankenrettungsfonds Soffin jüngst, um dann noch beruhigend hinzuzufügen: "Wir tun alles, um die Verluste zu minimieren."

Bankenrettung, kein Geschäft? Schweden hat Anfang der 1990er Jahre das Gegenteil bewiesen. Der Staat übernahm damals die maroden Großbanken vollständig, um sie dann nach und nach wieder an Privatinvestoren zu verkaufen - mit einem kleinen Profit. Der Mut wurde belohnt.

In Deutschland lief die Bankenrettung ab 2008 etwas anders ab. Vollständig wollte der Staat die Institute nicht übernehmen, er verzichtete deshalb auf Kontrolle in den Geldhäusern. Stattdessen vergab der Rettungsfonds Soffin staatliche Garantien und Kapitalhilfen, was den Sektor stabilisierte, den Steuerzahler jedoch bis zum heutigen Tag belastet.

In Zahlen drückt sich das folgendermaßen aus: Bis Ende September 2012 machte der Soffin einen Verlust von 900 Millionen Euro. Zugegeben, das ist deutlich weniger als im Jahr 2011. Damals hatte der Bankenrettungsfonds ein Minus von 13,1 Milliarden Euro ausgewiesen - Ursache war die Umschuldung Griechenlands.

Der Soffin häufte seit seiner Gründung Ende Oktober 2008 - das war kurz nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers - bis Ende September diesen Jahres einen Verlust von 23 Milliarden Euro an. "Wie viel davon in der Endabrechnung bleibt, ist offen. Wir arbeiten mit allen Kräften daran, den aufgelaufenen Fehlbetrag zu verringern", sagte Pleister.

Einzelne Banken geben Hilfen zurück

Die Konjunktur in Deutschland hat in den vergangenen zwei Jahren gebrummt, den Banken geht es ein wenig besser, auch wenn es immer noch zu viele Institute gibt. Dennoch stützen Deutschlands Steuerzahler immer noch etliche Banken, durch Garantien und Kapitalspritzen.

Der Betrag beläuft sich zum Stichtag 30. November auf 22,9 Milliarden Euro, berichtet die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA), die den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) verwaltet. Ende des ersten Halbjahres 2012 hatten sich die aus Steuergeldern finanzierten Garantien und Kapitalhilfen des Soffin noch auf 30,8 Milliarden Euro summiert.

Einzelne deutsche Banken haben begonnen, die Hilfen zurückzugeben. So zahlte die Commerzbank Mitte 2011 einen Großteil der 18,4 Milliarden Euro schweren stillen Einlage des Soffin zurück. Zuletzt hat die IKB die letzte Tranche an Bundesgarantien in Höhe von 350 Millionen Euro zurückgegeben.

Soffin zahlt bis 2014

Die Mittelstandsbank IKB nutzte seit Dezember 2008 zeitweise bis zu zehn Milliarden Euro Garantien bei ihrer Refinanzierung. Das Institut zahlte dafür Garantiegebühren an den Soffin von insgesamt rund 343 Millionen Euro. Die Bank hatte sich mit US-Hypotheken verspekuliert und musste 2007 von der KfW, dem Bund und anderen Banken gerettet werden. Die IKB schreibt auch heute noch rote Zahlen.

Ende November beschloss die schwarz-gelbe Bundestagsmehrheit, dass der Soffin nun bis Ende 2014 angeschlagenen Geldhäusern unter die Arme greifen darf. Das sind zwei Jahre länger als vorgesehen. Neue Hilfsanträge gingen beim Rettungsfonds in Frankfurt in diesem Jahr aber bislang nicht ein, wie ein Sprecher erklärte. Ende 2010 war der Soffin bereits für neue Anträge geschlossen worden, im Zuge der europäischen Bankenstresstests aber für 2012 und nun sogar bis 2014 reaktiviert worden. Die Furcht vor erneutem Ungemach ist immer noch beachtlich.

Der Soffin war 2008 auf dem Höhepunkt der Finanzkrise aufgelegt worden, um eine fatale Kettenreaktion von Bankpleiten zu verhindern. Er kann Instituten mit Garantien von bis zu 400 Milliarden Euro bei der Geldbeschaffung helfen und 80 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung von Banken oder den Ankauf maroder Wertpapiere ausgeben.

Der Großteil der vom Soffin noch ausgereichten Gelder sind Eigenkapitalhilfen in Höhe von 18,8 Milliarden Euro. Diese verteilen sich auf die Hypo Real Estate (HRE) mit 9,8 Milliarden Euro, die Commerzbank mit 6,7 Milliarden Euro, die WestLB-Nachfolgerin Portigon (zwei Milliarden Euro) und den Immobilienfinanzierer Aareal Bank (300 Millionen Euro). Rund 3,7 Milliarden Euro Garantien nutzen derzeit noch die Düsseldorfer Hypothekenbank (1,5 Milliarden Euro) und die Sicherungsgesellschaft deutscher Banken (2,2 Milliarden Euro), der die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung eine Garantie gewährte, um eine zeitnahe Entschädigung der Lehman-Gläubiger zu ermöglichen.

Banken sollen Verluste selbst ausgleichen

Für etwaige Verluste aus künftigen Soffin-Hilfen sollen die Banken teilweise selbst geradestehen: über die Bankenabgabe. In diesem Jahr beläuft sich diese Zwangsabgabe laut Pleister auf 692 Millionen Euro. Zusammen mit Einzahlungen aus 2011 und abzüglich Verwaltungskosten liegen nach seinen Angaben somit 1,27 Milliarden Euro in diesem Krisenfonds für deutsche Banken. Über die Jahre soll die Abgabe etwa 70 Milliarden Euro bringen.

Unter das Dach des Soffin fallen auch noch die beiden Abwicklungsanstalten EAA und FMS Wertmanagement, wohin die größten Risiken der WestLB und HRE abgeschoben wurden. Es geht um 197 Milliarden Euro an faulen Wertpapieren. Die Behörde hofft, diese Papiere über die Jahre mit möglichst wenig Verlust abstoßen zu können - der Soffin wird die Steuerzahler also noch lange belasten.

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