Bankenfusion HVB-Unicredito:Gespaltene Gefühle in München

Die Bayerische Staatsregierung hat immer noch erhebliche Bedenken gegen die Fusion der HypoVereinsbank mit der Unicredito. Offenbar befürchtet sie Nachteile für künftige Kreditentscheidungen.

Von Nikolaus Piper und Martin Reim

Manch einer ahnt, dass 170 Jahre bayerische Bankengeschichte bald zu Ende gehen könnten.

HVB-Chef Dieter Rampl ap

HVB-Chef Dieter Rampl will beim Tempo in Europa mithalten.

(Foto: Foto: AP)

1835 wurde die Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank gegründet, 1869 die Bayerische Vereinsbank, 1998 fusionierten beide zur HypoVereinsbank (HVB), dem zweitgrößten deutschen Kreditinstitut.

Und nun könnte die Bank noch in diesem Jahr ihre Selbstständigkeit verlieren - als Juniorpartner des Unicredito aus Mailand. Die Perspektive ist klar, seit beide Seiten ihre Gespräche offiziell bestätigten.

Das löst am Finanzplatz München gemischte Gefühle aus. Die einen sagen: Unicredito ist das Beste, was uns passieren kann, wenn sich in Europa ein einheitlicher Bankenmarkt bildet.

Die anderen sagen: Die Fusion kommt zur Unzeit, die HVB-Aktie ist mit etwa 20 Euro unterbewertet und wird ganz sicher schnell steigen. Schließlich habe der Vorstand seine Sanierungsaufgaben erledigt.

Staatsregierung bleibt skeptisch

Entgegen anders lautenden Meldungen hat offenbar auch die Staatsregierung ihre Bedenken gegen die Fusion noch nicht aufgegeben. Deren Votum ist wichtig, weil sie seinerzeit Geburtshelfer der HVB war und eine grenzüberschreitende Fusion kaum gegen politischen Widerstand gelingen dürfte.

"Die Staatsregierung beobachtet die Gespräche mit großer Sorgfalt und einer gehörigen Portion Skepsis," hieß es in der Umgebung der Regierung. "Die sehen da noch einige offene Fragen".

Offenbar fürchten Ministerpräsident Edmund Stoiber und Wirtschaftsminister Otto Wiesheu wirtschaftliche Nachteile, wenn wichtige Kreditentscheidungen der fusionierten Bank nicht mehr in München getroffen werden. "Die haben doch nicht die HVB geschaffen, um tatenlos zuzusehen, wie die Bank aus München verschwindet."

Gespaltene Gefühle in München

Die Vertreter der anderen Schule - und zu denen gehört offenbar HVB-Chef Dieter Rampl - verweisen auf das Tempo, mit dem sich der europäische Bankenmarkt verändert. "Wer hier zu spät kommt, den bestraft das Leben," sagte ein Beobachter.

Außerdem baut das HVB-Management darauf, dass Unicredito einige Geschäftsfelder selbst gar nicht besetzt hat und diese daher in München belassen wird. Dazu gehört unter anderem das Geschäft mit großen Firmenkunden und Kapitalmarkt-Transaktionen.

Gewerkschafter sind uneins

Auch die Arbeitnehmervertreter sind uneins; dies machen sogar zwei Mitglieder des HVB-Aufsichtsrat öffentlich. Klaus Grünewald von der Gewerkschaft Verdi meint, am besten sollte die Bank selbstständig bleiben. Nach seinen Worten wäre dies für die Arbeitsplätze optimal - "und das ist für uns das Maß aller Dinge".

Anderer Ansicht ist Hanns-Peter Kreuser von der Verdi-Konkurrenz Deutscher Bankangestellten-Verband (DBV): "Der Versuch, die Selbstständigkeit zu erhalten, ist sehr problematisch. Wir wären weiterhin die Gehetzten, weil jeder spekulieren würde, dass wir doch irgendwann übernommen werden. Das wirkt innerhalb der Bank lähmend."

Einig sind sich beide Gewerkschafter in der Einschätzung, dass Unicredito wohl der beste Partner für ein Zusammengehen wäre. Begründung: Bei einer deutschen Fusion wären Überschneidungen und die Möglichkeiten zur Rationalisierung groß. Bei den Italienern sei hingegen zu hoffen, dass sie das Deutschland-Geschäft relativ unangetastet lassen.

Außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrats

Der Aufsichtsrat hat bei einer Fusion nichts zu entscheiden; das ist Vorstand und Anteilseignern überlassen. Dennoch ist DBV-Vertreter Kreuser jetzt aktiv geworden. Er hat nach eigenen Angaben zusammen mit drei weiteren Arbeitnehmer-Vertretern im Aufsichtsrat - aber ohne Verdi-Mann Grünewald - beantragt, dass das Gremium zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommt. Das muss nun innerhalb von 14 Tagen geschehen; der nächste reguläre Termin wäre erst in zwei Monaten.

So oder so werden die Münchner wohl schnell Klarheit über die Zukunft der HVB bekommen. "Gehen Sie davon aus, dass über Scheitern oder Erfolg noch vor den italienischen Sommerferien entschieden wird," heißt es in München.

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